Zerstörung und Rettung
Red heisst eigentlich Ruby. Aber sie mag nicht, dass man sie so ruft. Red mag vieles nicht. Besonders mag sie nicht, dass sie bei Pflegeeltern leben muss. Seit ihre Mutter im Gefängnis ist, wird Red von Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschoben. Niemand kommt mit dem verstörten Mädchen klar, das sich so seltsam benimmt. Und Red selber hat nur ein Ziel: Durchhalten, bis Mama aus dem Gefängnis kommt und sie wieder eine Familie sein können. Nachdem Red wieder einmal bei einer Pflegefamilie ihre wenigen Habseligkeiten packen musste, kommt sie auf den Hof von Celine und Jackson. Obwohl sich Red ganz und gar nicht an die neuen Pflegeeltern und den Hof mit den vielen Tieren gewöhnen will, kann sie sich doch nicht ganz verschliessen. Besonders die Riesenschildkröte Tuck hat es Red angetan. Und auch Marvin, der Nachbarsjunge. Doch Red hat ein Geheimnis, das sie niemandem anvertrauen kann: In ihr wohnt der Wind. Er kann ein sanftes Lüftlein sein, aber manchmal bricht ein Sturm aus Red hervor, der alles zerstört. Und als Mama aus dem Gefängnis kommt, erwacht der Sturm und zerstört, was Red wichtig ist.
Eine berührende Geschichte
Schon mit den ersten Worten vermag die Autorin Lindsey Lackey zu fesseln. In wenigen Sätzen bringt sie den Leserinnen und Lesern ihre Protagonistin Red näher, macht gleichzeitig das grosse Bedürfnis nach Geborgenheit und die Wut über die Situation sichtbar. Schritt für Schritt begleiten die Leserinnen und Leser Red zu ihrer neuen Pflegefamilie, erleben, wie sie sich – zögernd zwar, aber doch – ihrer neuen Pflegemutter Celine öffnet und welche tiefen Verletzungen in dem Mädchen stecken. Verletzungen, die aufbrechen durch die Handlungen einer Mutter, die nie Mutter sein wollte. In ihrer Liebe zur Mutter konnte Red deren Mankos nicht erkennen. Erst mit der neuerlichen Begegnung nach Jahren verliert die Mutter ihren Mythos und Red kann sich Schritt für Schritt dem Leben zuwenden.
Intensive Gefühle
Die Situation, in der sich das Mädchen befindet, ist dank der feinfühligen Schilderung der Autorin gut nachzuvollziehen. Selbst für das Zielpublikum – Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren – ist schnell sichtbar, worunter das Mädchen leidet. Der Sturm, der sich manchmal an die Oberfläche kämpft und kaputt macht, was Red zu bewahren versucht, wird hier als Fantasy-Element eingeflochten. Gleichzeitig ist er Metapher und beschreibt den inneren Kampf, den Red ständig mit sich ausficht. Sehr schön aufgezeigt ist die Brücke, die Celine und Jackson dem Mädchen bauen. Etwas, das Red zunächst misstrauisch beäugt, bis sie zulassen kann, der neuen Umgebung näher zu kommen. Die verschiedenen Tiere, die auf dem Streichelzoo-Hof ihren Platz gefunden haben, tragen das Ihre zum ganzen Geschehen bei.
Fazit
„Das Mädchen, das den Sturm ruft“ ist ein tiefsinniges, eingängig geschriebenes Werk, das nicht nur Kinder in seinen Bann zieht, sondern auch Erwachsene. Der Roman unterhält nicht nur, er gibt viel Grund zum Nachdenken und weckt Emotionen.
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