Wenns draußen schön kalt ist, ist es drinnen schön warm
Das Gefühl, im Winter morgens am liebsten nicht aus dem Bett steigen zu wollen, weil es im Zimmer drumherum so kalt und unter der warmen Decke so gemütlich ist, kennt vermutlich jeder. Oder am liebsten nicht vor die Haustür zu wollen, weil der kalte Wind auch durch die dickste Jacke zieht und die feuchte Kälte die Hosenbeine hoch kriecht. Stina, die Hauptfigur in diesem Buch, kennt dieses Gefühl nur allzu gut. Als es ihr auch mit Handschuhen, Mütze und dickem Schal draußen zu kalt wird, bleibt sie drinnen. Vor dem Ofen. Und als es noch kälter wird, bleibt sie am liebsten nur noch im Bett. Stina ist das, was man in Norddeutschland als „Frostköddel“ bezeichnet. Hier, in diesem Buch würde dafür sicherlich ein anderer Begriff gewählt, denn es stammt aus der Schweiz und das erkennt man an manchen Wörtern auch. Zum Beispiel heißt es „Duvet“ anstatt „Bettdecke“. Und zwar mehrfach, denn die dicke Decke, das Duvet, ist für Stina ein wichtiges Utensil.
Drinnen ist es schön warm
Stina mag es am liebsten warm und friert fast immer. Im Sommer kann sie es noch aushalten. Sobald der Herbst sich ankündigt hat, holt sie ihre Wollsachen hervor und trägt sie in mehreren Schichten übereinander. Im Winter mag sie kaum noch aus dem Haus, trotz all der warmen Kleidungsstücke. Und als der erste Schnee fällt, verlässt sie fast gar nicht mehr das Bett. Ihre Tage beginnen mit heißem Haferbrei und Büchern vor dem Kamin, sie enden kuschelig unter dem Duvet und mit einem Becher heißer Schokolade. Sie entwirft und strickt Wollsachen und erfindet und zeichnet Maschinen, die ihr beim Warmbleiben helfen sollen: Einen Handtuchwärmer zum Beispiel, oder ein Förderband, das direkt aus dem Kühlschrank Essen zu ihr transportiert. Müsste sie dann doch weder das warme Bett verlassen noch mit der Kälte im Kühlschrank in Berührung kommen.
Der Bildhintergrund ist winterweiß, darauf Stina und die jeweiligen Szenen. Alles mit feinem Strich so akkurat gezeichnet, dass jede Masche ihrer Wollpullover zu erkennen ist. Von Stina selbst und ihrem feinen Gesicht sieht man immer weniger, immer mehr Schichten Kleidung kommen dazu, in braun, beige und erdigem Grün. In die Szenen eingefügt sind die Näh- und die Strickanleitungen: Stricken ohne Nadeln, oder wie man aus einem einzelnen Fausthandschuh einen Tassenwärmer entstehen lassen kann. Außerdem gibt es das Rezept für Stinas heiße Schokolade, die sich jedes Kind mit einem ganz einfachen Kniff in seiner Lieblingssorte zubereiten kann.
Draußen ist doch schön
Ab und zu schaut Stina aus ihrer wolligen Wärme nach draußen. Sieht die anderen Kinder im Schnee spielen und rennen und lachen. Wundert sich, wie die das nur aushalten. Ein bisschen neugierig ist sie aber schon auch. Als es eines Tages stürmt, „schneien“ zwei der Kinder von draußen bei ihr herein, um sich unterzustellen. Stina bäckt Waffeln, die Kinder erzählen vom Schnee und alle drei haben einen wunderbaren Nachmittag. Dann ist es Zeit für die beiden neuen Freunde, nach Hause zu gehen. Stina schaut ihnen nach und hat eine Idee. Ideen haben, das kann sie. Sie nimmt das Duvet und näht und schneidert, bis mitten in die Nacht. Dann geht sie raus, ihre Erfindung ausprobieren. Draußen ist es dunkel, still und kalt, und die Luft ist eisig. Sachte fällt der Schnee und Stina versucht, die Flocken mit der Zunge aufzufangen. Dass sie fast gar nicht friert, liegt natürlich an dem dicken langen Daunenmantel, den sie sich aus ihrer Decke genäht hat. Aber auch daran, dass ihr von innen warm wird. Vor Freude.
Fazit
Stinas Geschichte ist ein schönes Buch über den Winter und die Kälte. Und ein Buch über ein besonderes Kind, das ist wie es ist und auch so bleibt, aber trotzdem das Beste draus macht. Die Geschichte vom ewig frierenden Mädchen wird zur Geschichte über einen Wintertag mit Freunden und wenn man aus der Kälte kommt, ist es drinnen nur um so wärmer und gemütlicher. „Trau dich, du selbst zu sein. Und probier ruhig mal, was die anderen alle machen“ , das ist die ganz unaufgeregte Botschaft des Buches. Und wunderschön gezeichnet ist es außerdem.
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