Martinsumzug, Martinssingen, Martinhörnchen, Martinsgans
Wer ist eigentlich dieser Martin, der so vielen Traditionen seinen Namen gab und uns alljährlich im November auf die Straße zieht?
Wenn sich jedes Jahr am 11. November vielerorts zahlreiche Kinder zum Martinsumzug treffen, aufgeregt, mit selbst gebastelten Laternen, das Lied vom Sankt Martin singend, dann ist das für viele vielleicht nur ein schöner Brauch, der mit seinem Lichterschein auf die kommende Adventszeit einstimmt. Doch tatsächlich steckt mehr hinter dieser Tradition und nicht ohne Grund werden in vielen Orten am Ende des Umzugs nicht nur vertraute Lieder gesungen, sondern auch mit anderen Leuten Martinshörnchen oder anderes süßes Gebäck geteilt.
Kleine Tat – große Wirkung
Denn bei der Erzählung vom Heiligen Martin geht es ums Teilen. Auch, wenn es manch einer nicht mehr hören kann, gerade in der jetzigen Zeit kann es nicht schaden, immer wieder zu betonen, dass wir von dem, was wir haben, problemlos abgeben können, im täglichen Leben oder um Bedürftigen zu helfen. Dafür kann die Legende um den Heiligen Martin uns ein gutes Vorbild sein.
Denn Martin hat, lange, bevor er zum Bischof geweiht wurde, als römischer Soldat in einer kalten Nacht seinen warmen Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt, den sonst niemand beachtete, der im Gegenteil vielmehr schikaniert wurde. Der gutmütige und opferbereite Martin erkannte, dass ihm auch ein halber Mantel reicht, um in seinem Amt dem Wetter zu trotzen. Warum also nicht mit der anderen Hälfte einen Menschen in Not helfen? Der Lohn für seine gute Tat? Glücklich beobachtet Martin, wie sich der Bettler im Schlaf in seinen Mantel kuschelt. „Man könnte fast meinen, dass ein halber, geteilter Mantel wärmer hält als ein ganzer, den man für sich allein behält“.
Durch Rücksicht und Teilen mehr erhalten
Marlene Fritsch ist es gelungen, die bekannte Geschichte von Martin von Tours auf das Wesentliche beschränkt zu erzählen. Kinder nehmen so die wichtige Botschaft wie nebenbei auf. Sie packt Martins gute Tat darüber hinaus in eine Wettstreitgeschichte mit Martins Kollegen Darius, der gleich zu Beginn der Erzählung ein Wettrennen veranstalten will, ohne darauf zu achten, ob der gefrorene Boden für sein Pferd gefährlich sein könnte. Auch hier entscheidet Martin, lieber auf sein Pferd Rücksicht zu nehmen, als sich auf die waghalsige Herausforderung einzulassen. Die Sympathie für Martin trägt sich durch das ganze Buch, auch, weil er mit Darius einen egoistischen und gemeinen Gegenspieler zur Seite hat, der seine überlegte und gutmütige Art betont. Passend illustriert wird die Geschichte durch die ruhigen und stimmigen Bilder von Elli Bruder. Gleichwohl Martin als römischer Soldat Respekt einflößend aussehen könnte, ist er als freundlicher, junger Mann gekennzeichnet, mit einem offenen Gesicht. Die Farben sind stimmig und harmonisch warm, so dass von dem Buch eine warme Grundstimmung ausgeht, die es immer wieder gern zur Hand nehmen lässt.
Fazit
Wahrscheinlich würden sich die meisten von uns als großherzig und großzügig beschreiben und doch schadet es nicht, ab und zu an den Heiligen Martin und seine Tat zu denken und das eigene Tun und Handeln zu hinterfragen. Macht es wirklich glücklich, sich beim Frühstück schnell das letzte Croissant auf den Teller zu legen, ohne vorher zu fragen, ob noch jemand etwas davon abhaben möchte? Martin sollte uns allen ein Vorbild sein und vielleicht werden die nächsten Weihnachtsplätzchen beim gemeinsamen Lesen dieses schönen Buches einfach mit den Nachbarskindern geteilt.
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