Ein Buch aus der Baby-Universität
Quantenphysik für Babys, da muss man erst mal staunen. Dachte man doch, das ist frühestens was für Physik in den höheren Klassen der weiterführenden Schule. Die Entstehungsgeschichte des Buches macht es klarer: Chris Ferrie, der Autor, ist von Beruf Quantenphysiker. Er hat vier Kinder, die, wie das so ist, irgendwann wissen wollen, was ihr Vater arbeitet. Anders als Ärztinnen und Polizisten, Lehrer und Autodesignerinnen, Häuserbauer und Beamte kann man das nicht so leicht erklären. Also hat er es mit Bildern versucht und so ist die Idee für dieses Bilderbuch entstanden. Aus dem dann eine ganze Reihe wurde: Evolution, Raketenwissenschaften und Relativitätstheorie gibt es auch noch „für Babys“.
Erstmal, unabhängig vom Thema, ist das Buch perfekt für die Altersgruppe: Die Farben und Formen sind ansprechend bunt und gleichzeitig schlicht und reduziert, auch die Formen und die Menge der Bilder auf einer Seite sind genau richtig, nicht zu viel und nicht zu wenig. Die Pappe ist dick und für zupackende Patschehändchen wie gemacht.
Abstrakter Inhalt, konkret erklärt
Mit dem Inhalt ist es allerdings so eine Sache.
Ausgangspunkt ist ein Ball, der im Inneren aus Atomen besteht und die dann wieder aus Elektronen und Neutronen und Protonen – abgebildet ebenfalls als runde bunte Objekte. So geht es weiter in die atomaren Feinheiten, bis wir bei ihrem Verhalten, dem Hoch- und Runterspringen in verschiedene Energieniveaus, angekommen sind. Und damit bei der Quantenphysik. Soweit sich das von einer Nicht-Fachfrau beurteilen lässt, absolut korrekt. Aber etwas völlig Abstraktes wie eben „abstrakte“ Physik mit konkreten Bildern und Begriffen zu erklären ist fast unmöglich, daran scheitern ja nicht ohne Grund auch Leistungskurschüler und Physikstudenten. Ein Mensch von 24 Monaten, der gerade die sinnlich erfahrbare Welt entdeckt, wird auf die Neutronen und Elektronen patschen und lachen und sagen „Da, Ball.“ Letztendlich sind Dinos und Ritter und Meerjungfrauen für ein kleines Kind zwar genauso abstrakt, aber eine Meerjungfrau ist dann eben eine Meerjungfrau und ein Ritterhelm ein Ritterhelm. Und bleibt es auch. Auch wenn das Kind irgendwann zu dem grünen Ball gewohnheitsmäßig „Elektron“ sagt und zu der Sonne, von der dieses Elektron hier im Buch umstrahlt wird, „Energielevel“ – ist es hier nur symbolisch gemeint. Und wenn das Kind mit einem echten grünen Ball spielt, ist das eben ein Ball. Und kein Elektron.
Zu abstrakt für Babys
Da mögen die Kids vom Autor anders erleben, er ist nicht einfach nur ein Vater, der ein Bilderbuch mit ihnen anschaut, sondern einer, der sich mit dem Thema in allen Bereichen auskennt und viel mehr drumherum erklären kann. Für normale Kinder normaler Eltern ist es ein Bilderbuch mit vielen bunten Kreisen und Kringeln, geschwungenen Pfeilen und knallgelben Sonnen. Formen und Farben lassen sich wunderbar damit benennen, Größenverhältnisse und Positionen zueinander. Auch das fördert ein Kind in seiner Wahrnehmungsfähigkeit und im abstrakten Denken. Vielleicht fällt es ihm später leichter, abstrakte Physik zu verstehen, dann irgendwann. Jetzt, im Alter der Zielgruppe, ist es definitiv noch zu klein.
Fazit
Formschön, klar, schlicht und bunt: „Quantenpyhsik für Babys“ ist ein wirklich gut anzusehendes Bilderbuch. Nur sollte man nicht glauben, dass ein Baby so die Quantenphysik versteht. Die ist für die Entwicklungsstufe von Kleinkindern zu abstrakt, egal wie einfach sie erklärt und dargestellt wird. Machen sie doch gerade konkrete und handfeste Erfahrungen mit allen Sinnen, lutschen, greifen, fühlen. Das können sie mit diesen stabilen Pappobjekt auf jeden Fall.
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