Wo ist Kater Ludwig?
- Gerstenberg
- Erschienen: Januar 2019
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Verena Kiefer (Übersetzerin)
Kater Ludwig, der Vielstreuner
Kater Ludwig ist mal wieder unterwegs und erkundet intensiv die Nachbarschaft, ohne überhaupt zu merken, dass seine „Besitzerin“ ihn verzweifelt sucht. Es gibt dort aber auch wirklich zu viel entdecken, als das Kater Ludwig den Tag nur zu Hause verbringen könnt. Feste Anlaufstelle ist natürlich das Fischgeschäft, dort duftet es gar zu verlockend. Dann geht es weiter ins Atelier des Malers, wo die vielen Farbtuben und –dosen wahre Entdeckungsschätze sind. Bei der Familie mit den vielen Kindern wird es mal wieder nicht langweilig und wenn der Lärm zu viel wird, trollt sich Ludwig weiter zur WG der Studierenden oder schnuppert in den Süßigkeitenladen rein. Und das verlassene Haus mit den vielen Mäusen gibt es ja auch noch…
Frauchen sucht entdeckungslustigen Kater
Die Betrachter des Buches erfahren all dies von jeweils zwei kurzen sich reimenden Zeilen auf den großformatigen Leporello-Seiten, die neben Ludwigs jeweiligen Erkundungsstation zusätzlich auch seine Erlebnisse beschreiben – oder seine Missetaten: „Neulich nahm Ludwig ohne sein Wissen von einem teuren Bild einen Bissen“. Die wenigen Wörter sind verzweifelter Ausruf der katzenliebenden Frau und die passenden Illustrationen zeigen Ludwigs Besitzerin, die ihren Kater sucht und von Haus zu Haus rennt, in der Hoffnung, ihn zu finden. In der Hand trägt sie Flugblätter. Es scheint also nicht das erste Mal zu sein, dass Ludwig auf längere Erkundungstour geht.
So weit, so gut. Würde die Geschichte an dieser Stelle enden, wäre sie aufgrund der Illustrationen und dem außergewöhnlichen Format der Buchseiten zwar ein Hingucker, aber nicht besonders originell. Doch Floor Rieder hat sich nicht mit dieser einseitigen Darstellung begnügt. Denn beim Umdrehen der Leporello-Seiten ändert sich die Perspektive gleich zweimal. Zum einen sind nun die Häuser und Wohnungen von innen zu sehen, mit all ihren Bewohnern oder Kunden. Alles, was auf der Vorderseite nur beschrieben ist, ist dort bildlich gezeigt, die wilde Familie, die laute WG, das Fischgeschäft. Und mittendrin tummelt sich tatsächlich Ludwig, der, zum anderen, auf dieser Rückseite seine Sicht auf die Dinge beschreibt und deutlich macht, dass er teilweise nicht nur geduldet sondern ein gern gesehener Gast ist. Auch dies ist wieder in einem Reimpaar kurz beschrieben.
Das Leporelloformat gleicht einer Kulisse
Dieses unterhaltsame Buch fällt dabei zunächst vor allem rein äußerlich auf: recht großformatig, mit Pappseiten, die miteinander verbunden und in einander gefaltet werden, so dass sich am Ende ein Leporello ergibt, mit dem man Ludwigs Reise von Haus zu Haus an einander gelegt nachverfolgen kann. Zusätzlich sind die Seiten, mit Ausnahme des Umschlags, nicht einfach nur viereckig, sondern in der Form einer Hausfassade mit Giebel mit ausgeschnittenem runden Giebelfenster geschnitten, so dass sie noch stärker wie eine Kulisse wirken und, aufgestellt, auch als solche genutzt werden können.
Floor Rieders Illustrationen tragen zudem zum besonderen Erscheinungsbild des Buches bei. Sie sind stimmig in dunklen und gedeckten Farben gehalten, vor allem schwarz, weiß und verschiedene Brauntöne dominieren. Durch die durchgehende Anwendung verschiedener Muster, Schraffuren und Ornamente haben sie einen klaren grafischen Schwerpunkt. Sie sind nicht unbedingt gefällig oder niedlich, aber ausdrucksstark und detailreich und haben eine eigene Ästhetik, die zwar von der der meisten Kinderbücher abweicht, aber dennoch ansprechend und liebevoll ist.
Fazit
Wer mit Kater Ludwig auf Entdeckungstour geht, wird jede Menge erleben, sei es vor den Häuserfassaden oder dahinter. Dank des Buchseitenleporellos kann die Kulisse sogar aufgestellt und die Geschichte sehr anschaulich nachgespielt werden. Fragt sich nur, wer versteckt sich und wer sucht...?
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