Traumspringer

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  • Erschienen: Februar 2019
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Sigrid Tinz
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2019

Idee

Leon ist ein Traumspringer, was er aber erst erfährt, als er in Träume springen muss um die Welt zu retten. Und dann drängt die Zeit.

Bilder

Illustrationen hat das Buch keine, nur kleine Deko-Ikons, Wölfe und Fledermäuse. Aber das Cover ist etwas besonderes.

Text

Leicht zu lesen, aber der Inhalt ist nicht immer einfach, man muss Lust haben, in diese komplexe Mischung aus realer Welt und Traumwelt einzutauchen, dann ist es ein Genuss.

Ein Träumer wird Held der Träume

„Leon, du bist ein Träumer“, als ihm sein Lehrer das mal wieder sagt, am Ende einer verkorksten Schulstunde, ist Leon beleidigt und getroffen. Dabei stimmt es. Er hat die ganze Zeit aus dem Fenster gestarrt, eine Fledermaus beobachtet, sich gefragt, was die wohl am helllichten Tag da macht, ob es ihm nur so vorkam, dass sie ihn angeschaut hat, aber wenn ja, warum …. und weg war er, weit weg in seinen Gedanken. Spannender als der Unterricht war es in jedem Fall. Nachmittags im Zoo geht es ähnlich weiter. Seine kleine Schwester feiert Geburtstag und als Leon sich von den ihm peinlichen fünfjährigen Mädchen absetzt, bekommt er von einem Kioskbetreiber ein Kaugummi geschenkt. Ein Kaugummi für schöne Träume.

Hier würde eigentlich sofort das gut trainierte elterliche Präventionsgewissen anspringen: „Niemals, NIEMALS, darf man etwas von Fremden nehmen, schon gar nicht für schöne Träume.“ Aber die Geschichte ist zu diesem Zeitpunkt schon deutlich in Richtung Magie unterwegs: Leon hat mit einem Wolf gesprochen, der Kiosk stand an einer Stelle, wo es sonst keinen gibt und statt Unmengen Süßigkeiten sind die Regale voll mit Bonbongläsern voller Glitzerzauber, in den Bäumen hängen Fledermäuse. Dass es sich beim Kioskbesitzer um keinen Dealer oder Kidnapper handelt, ist also klar.

Die Welt der Träume und das wahre Leben

Gleichzeitig geht es an späterer Stelle in der Geschichte genau um solche Themen. Kinder werden angelockt, mit Computerspielen und anderen Versprechungen, und entführt. Andere werden mit immer noch großartigen Handygames abhängig gemacht und ferngesteuert. Auch auf der Seite der Guten werden Zaubertränke eingesetzt, gute Drogen, für schöne Träume. So harmlos ist es dann also doch alles nicht. Aber gut verpackt, so dass es lehrreich und spannend gleichzeitig ist, und nachdenkenswert. Denn auch im wahren Leben ist ja fast alles nicht nur gut oder nur böse, sondern gleichzeitig gut und böse. Nicht schwarz und weiß, sondern grau. Leser, die für solche Gedanken Antennen haben, werden das Buch lieben.

Auch an anderen Stellen geht es um philosophischen Themen. Etwa als Leon, der Träumer, in einem Traum wach ist und sich selber in seinem Schlafzimmer besucht und sich sieht, wie er im Bett liegt und schläft: „Ich musste schlucken und sah, wie mein Hals in dem Moment auch im Schlaf schluckte. Hinter den geschlossenen Lidern bewegten sich die Augen rasend schnell hin und her. Träumte ich etwa gerade, was ich hier wach erlebte? Und wer war ich jetzt überhaupt? Der Schläfer im Bett, der mich träumte? Oder der, der hier am Fußende saß und sich das alles ansah?“

Diese Art zu träumen kann nicht jeder. Leon ist nämlich tatsächlich ein Träumer, aber nicht so wie sein Lehrer es eingangs eher abfällig meinte. Sondern etwas Besonderes. Der uralte Wächter der Traumwelt, Morpheus, braucht sein Hilfe und bringt ihm unter hohem Zeitdruck alles bei, was er wissen und können muss. Denn Morpheus Bruder Krato hat sich losgesagt vom Träumehüten und verfolgt eigene Machenschaften.

Magie und Machenschaften

Neben dieser magischen Story sind heutige Themen dabei: Das erwähnte besonders lebensecht zu spielende von sofort an süchtig machende Computerspiel. Die verschwundenen Kinder, Mobbing und Migration.  Nichts davon als Hauptthema, aber alles hängt hier mit allem zusammenhängt.

Wie genau alles mit allem zusammenhängt, ist ein bisschen kompliziert. Das sagt Leon eingangs selbst:  „Ich weiß nicht, wie ich das, was  passiert ist, erzählen soll. Weil es dermaßen verrückt ist. Immer noch, auch jetzt, Wochen später wo alles vorbei ist, die Traumregale geplündert, die Fledermäuse wieder im Zoo. Die Geheimfabrik von Krato abgebrannt und ich aus dem Krankenhaus wieder draußen.“

Und dann erzählt er.

Wovon wir nicht zu viel verraten wollen. Am Ende sind es Leon, sein Freund Elias, ein illegal in Deutschland lebender tschetschenischer Flüchtlingsjunge, und Nina, in die Leon heimlich verliebt ist, die quer durch Europa reisen um Krato das Handwerk zu legen. Um die gefangenen Kinder zu befreien. Um die Träume zu retten. Es wird gut ausgehen, soviel sei gesagt. Aber mit  ordentlich Krawumms und Krach und Action.

Illustrationen hat das Buch keine, nur kleine Deko-Ikons, Wölfe und Fledermäuse.

Aber das Cover ist etwas besonderes: nachtdunkel und darauf Leon, mit wehendem Flammen an seinen Händen, der über die Seite springt. Alles Helle ist mit Goldfarbe belegt, wie mit goldenem  Traumsand.

Fazit:

Ein Kinderkrimi, der in der Traumwelt spielt, die aber mit der Menschenwelt verknüpft ist und durch einen ehrgeizigen und abtrünnigen Traumwächter bedroht ist. Diese Verbindung zwischen absolut Heutigem und überzeitlichem Gut und Böse macht die Geschichte ernsthaft und spannend in einem sehr existenziellen Sinne. Es geht wirklich um etwas, um mehr als sonst in magischen Romanen oder in Kinderkrimis. Auch Eltern, die gerne mal spannende Geschichten vor- oder mitlesen, sei das Buch empfohlen. Es ist für Jung und Alt gleichermaßen schön, kein Wunder – sind Träume doch so alt wie die Menschheit und gleichzeitig entstehen jeden Tag neue.

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Alex Rühle, dtv

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