Plötzlich Pony - Eine Freundin zum Pferdestehlen
- Coppenrath
- Erschienen: April 2018
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Im Treppenhaus wiehert es und diesmal ist es nicht wie sonst die fürchterliche Lache der Nachbarin, sondern ein echtes Pony. Aber es kann sprechen. Und es spricht genauso wie Penny, das Mädchen mit dem tollen schwarzen Pferdeschwanz, das vor kurzem neu in die Nachbarwohnung gezogen ist. Fast zu schräg um wahr zu sein.
Die Idee ist wirklich schräg: ein Mädchen verwandelt sich immer dann in ein Pony, wenn jemand wiehert, aus Spaß, aus Spiel oder in echt; für jeweils eine Stunde ist sie dann Pony. Und einmal im Monat ist das eine ganze Woche so. Sie braucht also nicht nur ein Bett, ein Zimmer und eine Schule, sondern für diese Pferde-Woche auch eine warme Box mit weichem Stroh. Und alles am besten heimlich, damit es keine Aufregung um dieses Wunder-Pony-Mädchen gibt. Deswegen ziehen ihre Eltern oft um mit Penny. Und gerade vor ein paar Tagen sind sie in das Haus von Pia gezogen.
Auch Pia hat alles andere als ein normales Leben: eine Mutter, die den ganzen Tag auf dem Sofa liegt und Liebesromane liest, darüber einkaufen, essen machen und alles andere vergisst, auch ihre Tochter. Pia hat drei Perücken, in Pink, mit Krause und mit Zöpfen. Weil sie nämlich eine ebenfalls leicht schräge Freundin hat, Moppi, die später mal Friseurin werden will, und schon jetzt an allem und jedem rumschneidet, um zu üben: von der Spülbürste bis zu ihrer besten Freundin Pia. Und weil Moppi noch viel üben muss, hat Pia meistens eine ziemlich verunglückte Frisur. Deswegen die Perücken.
Ein witziger und kreativer Bild-Wörter-Text
Offiziell nennt sich das Buch Comic-Roman, aber das trifft es nicht. Es ist eher ein Wörter-Comic, denn anders als bei einem richtigen Comic oder bei Büchern wie Greggs Tagebuch, bei denen sich Bilder und Text absatzweise abwechseln und so Hand in Hand durch die Geschichte schwingen, sind hier die Comicanteile direkt in den Text hineingeschrieben und gezeichnet: typische Ausdrücke wie "Würg", "Zitter", "Hihihüha", "Träller", "Stapf", "Pling-Pling" sind nicht in Sprechblasen in den Bildern, sondern einfach im Fließtext, aber jeweils in ganz unterschiedlichen Schrifttypen und -größen gedruckt, auch wortweise abwechselnd, so dass es auf den ersten Blick aussieht wie eine Art illustrierter Erpresserbrief. Oder wie ein Bild-Wörter-Text, in dem jemand herumgemalt hat. Das ist sehr witzig und sehr kreativ und sieht auch gut aus und hip, aber: es ist total schwierig zu lesen. Das Gehirn muss sich jedes Mal auf ein neues Schriftbild einstellen und die vielen Informationen verarbeiten, die ihm auf Umwegen präsentiert werden. Und dann noch in Handlung umsetzen. Während sich ein echter Comic wie von selbst liest, einatmen, wegschlürfen lässt, fühlt es sich hier an, als müsste man etwas darauf herumkauen. Man gewöhnt sich dran, amüsiert sich durchaus auch über die Einfälle und Ideen, aber richtig im Flow liest sich das Buch nicht.
Dafür ist die Handlung auch zu spannend und zu komplex und, ja, zu schräg. Zum Einstieg etwa führen Moppi und Pia ein seitenlanges Gespräch darüber, ob ein Pferd in einem Aufzug stecken geblieben ist, den es im Haus aber gar nicht gibt, und ein Pferd natürlich auch nicht, bis dann ein echtes Pferd wiehert. Oder die weitere Geschichte auf Penny-Ponys-Pferdehof, wo sie während ihrer Pferdewoche lebt: Dort gibt es auch noch ein Pony namens Pomi, das Penny zum Verwechseln ähnlich sieht. Es gehört jedoch einem Mädchen, das einen skurrilen Sprachfehler hat und mit Pomi ein Turnier gewinnen will und soll. Die Mutter des Reitermädchens sorgt sich, Konkurrenten ihrer Tochter könnten Pomi Beruhigungsmittel ins Futter tun, und es damit am Turnier-Tag außer Gefecht setzen, weswegen sie veranlasst, dass Penny und Pomi die Boxen tauschen, damit es im schlimmsten Fall eben Penny trifft. Weil aber die Pferdewirtin diejenige ist, die den Anschlag ausführen soll, weiß sie natürlich Bescheid und gibt trotzdem der echten Pomi die Medikamente. Pia, die eigentlich gar keine Pferde mag, aber das Mädchen Penny sehr, verbringt viel Zeit auf dem Pferdehof, um ihrer neuen Freundin nah zu sein. Und deckt zufällig das Komplott auf - und gewinnt dann noch mir nichts dir nichts auf Penny das Turnier.
Schräg, lustig, spannend - aber für echte Pferdebuch-Mädchen nicht so ganz das richtige, dafür enthält es zu wenig Stallgeruch.
Fazit:
Ein echtes Pony steht im Flur. Und es kann sprechen. Weil es nämlich ein verwandeltes Mädchen ist, das neu in die Wohnung nebenan gezogen ist. So schräg wie der Plot ist die Umsetzung: kleine Zeichnungen und die Mischung aus verschiedenen Schrifttypen und -größen machen aus der Geschichte eine Art Bild-Wörter-Text, einen Buchstaben-Comic. Ein interessantes Buch, das eine Entdeckung wert ist. Auch und gerade für Nicht-Pferdebuch-Liebhaberinnen.
Sigrid Tinz
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