Der kleine Kuschelhase oder Wie ein Spielzeug lebendig wird

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Claudia Goldammer
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Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2018

Idee

Ein kleiner Kuschelhase wird vom Spielzeug zum Begleiter und lernt die unabdingbare Liebe eines kleinen Jungen kennen, die ihn „echt“ werden lässt.

Bilder

Nah am Text illustriert, sowohl was die Zeichnungen als auch deren Art angeht. Keine modernistischen Spielereien, aber eine dezente Auffrischung im Vergleich zum Original.

Text

Die gefühlvolle Geschichte wird mit einfachen Worten, direkt und sehr klassisch erzählt und vermag es trotzdem, einen ganz eigenen Zauber hervor zu rufen.

Als der kleine Kuschelhase eines Winters in das Zimmer eines kleinen Jungen einzieht, ist er neu, glänzend, "rund und prall, wie ein richtiger Kuschelhase sein muss" und voller Zuversicht. Das samtene Fell schimmert, die Ohren sind zartrosa eingefärbt und die Barthaare stehen erwartungsvoll von seinem Näschen ab.

Doch schnell gerät er über weitere Geschenke in Vergessenheit und muss sich in langen Nächten Spott und Hähme der mechanischen Spielzeuge gefallen lassen. Dass er ein minderwertiges Spielzeug wäre, gar nichts könne und nicht echt sei. Doch echt sein, erklärt ihn in einer stillen Minute das alte, weise hölzerne Schaukelpferd, echt wird man als Spielzeug nur über die unabdingbare und dauerhafte Liebe des Kindes. Auch, wenn man dabei Gefahr läuft, das glänzende Fell zu verlieren und stattdessen abgewetzte, verschlissene Stellen oder lockere Barthaare hat. Wenn man "echt" ist, dann ist man kein Spielzeug mehr sondern Begleiter.

Der kleine Kuschelhase ist sich trotz dieser verlockenden Aussicht unsicher, ob er sein makelloses Äußeres gegen dieses nicht greifbare "Echte" eintauschen möchte. Und vielleicht tut "Echt werden" auch noch weh? Doch Spielzeuge werden zu solchen Fragen bekanntlich nicht zu Rate gezogen und als eines Tages der Kuschelhase zufällig im Bett des kleinen Jungen landet, ist der Weg frei für viele innige Momente. Die beiden sind unzertrennlich, wo der Junge ist, ist auch der Hase, überall wird er mit hin geschleppt und hat der Junge ihn einmal draußen im Garten vergessen, wird so lange nach dem Hasen gesucht, bis er wieder auftaucht, da der Junge ansonsten nicht einschlafen kann. Einmal sieht der Kuschelhase bei einem dieser Ausflüge zwei andere Hasen, ganz ohne Nahtstellen, mit glänzendem Fell und beweglichen Gliedern. Sie lachen den Kuschelhasen aus, als dieser behauptet, "echt" zu sein, schließlich sitzt er doch nur stocksteif da im Gras, während sie um ihn herum springen. Doch der Kuschelhase zweifelt nur kurz und fühlt sich weiterhin echt, da er sich der Liebe des Jungen sicher ist, die so viel wertvoller und schöner ist.

Eines Tages wird der Junge schwer krank. Tag und Nacht wacht der Kuschelhase in seinem Bett, doch als es dem Jungen endlich wieder besser geht, soll auf ärztliche Anweisung alles verbrannt werden, was im näheren Umfeld des Jungen war. Also wird auch der Hase in den großen Sack gestopft, der die Dinge enthält, die am nächsten Tag verbrannt werden sollen. Weinend schaut der Hase in der Nacht aus dem Sack heraus, nicht wissend, wie und ob es nun für ihn weitergehen soll und ob die Liebe des Jungen plötzlich vorbei sein kann. Und diese echten Tränen rufen die Fee des Kinderzimmerzaubers herbei, die abgelegten echten Kuscheltieren zu einem zweiten Leben verhilft. Sanft nimmt sie den Hasen auf und trägt ihn zu anderen Hasen des Waldes, setzt ihn mit einem Kuss ab und entschwindet. Und noch bevor der kleine Kuschelhase lange darüber nachdenken kann, was er dort soll, kratzt er sich mit seinen Hinterbeinen die Nase und hoppelt mit seinen neuen Freunden um die Wette.

Wer kennt es nicht? Gerade eben war Kuscheltier X,Y, Z noch der ungeschlagene Favorit im Kinderzimmer, da taucht eine neues Spielzeug auf und schnell wandert der ehemalige Lieblingshase auf den großen Haufen zu den anderen abgelegten Sachen. Dann wiederum gibt es aber auch die Kuscheltiere, die sozusagen "All-time-Favourites" sind, die permanent von den Kindern gebraucht werden, die Tag und Nacht dabei sind und bei denen selbst ein Waschgang schwierig ist. Diese "Freundschaften" halten mitunter viele Jahre und haben teilweise selbst noch in Jugendjahren und darüber hinaus Bestand. Das in der vorliegenden Neuauflage "Der kleine Kuschelhase" von Margery Williams der kleine Junge nach schwerer Krankheit seinen heiß geliebten Kuschelhasen so sang- und klanglos durch einen anderen, neuen ersetzen lässt, ist vielleicht die einzige Unstimmigkeit in dieser sonst so stimmungsvollen Geschichte. Bereits 1922 erschienen, entwickelte sich die Erzählung um die Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Spielzeug schnell zu einem Klassiker der englischen Kinderliteratur, die auch in der Neuauflage nichts von ihrer rührenden Schönheit verloren hat.

Es ist zweifelsohne eine bodenständige, klassische und traditionelle Geschichte, die auch ebenso erzählt wird. Trotzdem geht von ihr ein stiller "Kinderzimmerzauber" aus, der, stringent, einfach und recht schnörkellos erzählt, ganz ohne Technik oder Special-Effects auskommt und dennoch in seinen Bann zieht. Obwohl&, so ganz ohne Effekt dann auch wieder nicht, denn in der Tradition klassischer Märchen verleiht hier eine Fee der Geschichte ein gutes Ende und schenkt dem Hasen ein zweites "echtes" Leben im Wald mit anderen Tieren.

Auffällig ist, dass sowohl der Junge als auch der Hase die ganze Geschichte hindurch namenlos bleiben, was sicherlich die Identifikation erhöhen kann, aber dadurch auch merkwürdig unpersönlich bleibt, obwohl die Geschichte ja voller Emotionen ist. Eventuell stören sich Kinder nicht so sehr daran, häufig haben ja auch die vielgeliebten Kuscheltiere gar keine Namen sondern sind eben einfach "Hase", "Katze" oder "Maus".

Passend zur Neuauflage hat Sarah Massini das Buch einer optischen Generalüberholung unterzogen, jedoch ohne mit dem Vorgänger zu brechen. Sie hält sich in ihren Illustrationen eng an die textliche Vorlage und die Art der Zeichnungen sind denen von William Nicholson aus der Originalausgabe nicht unähnlich. Jedoch spielt Massini dezent mit Collagen aus verschiedenen Mustern und Materialien, benutzt fotografische Realität, um Strukturen besonders zu betonen, neben klassischen farbigen Zeichnungen und reduziert dadurch den Niedlich-Faktor auf ein gesundes Maß. Die Handlung ist unaufdringlich untermalt und unterstreicht den gewissen Zauber, der in der Luft liegt, anstatt einen kreativen Kontrapunkt setzen zu wollen.

Fazit:

Solide, klassische und in ihrer traditionellen Art zauberhafte Geschichte um Freundschaft und Wertschätzung, Hoffnung und Liebe. Trotz der vielen Jahre seit der Ersterscheinung ist die Geschichte immer noch so aktuell wie eh und je und passiert so oder ähnlich täglich tausenden Kindern und ihren Kuscheltieren. Denn die plüschigen Freunde aus Kindertagen bleiben ein ganzes Leben lang treu und wertvoll.

Claudia Goldammer

Der kleine Kuschelhase oder Wie ein Spielzeug lebendig wird

Margery Williams, Coppenrath

Der kleine Kuschelhase oder Wie ein Spielzeug lebendig wird

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