Zarah und Zottel - Ein Pony auf vier Pfoten
- Sauerländer
- Erschienen: August 2017
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Ein Pony, das in den Aufzug passt und verdächtig wie ein Hund aussieht? Zarah ist es egal, Hauptsache, sie hat endlich einen Freund...
Zarah ist neu in der Stadt und wünscht sich sehnlichst einen Freund. Ihre Mama hat keine Zeit für sie und die Kinder des Viertels geben ihr klar zu verstehen, dass sie nicht erwünscht ist. Daher flüchtet sich Zarah zunächst in eine Traum- und Bücherwelt, in eine Welt, in der ein großes Pferd ihr bester Freund ist und ihrem indianischen Blut Genüge tut. Doch natürlich kommt für Zarahs Mama weder ein Pferd noch ein Pony in Frage, denn "es passt nicht in den Aufzug". Allerdings ist dieses Argument ist für Zarah kein Hindernis. Schnurstracks geht sie in den "Laden für Alles" und findet dort prompt Zottel, einen großen, zotteligen Hund. Kurzerhand bezeichnet sie ihn als ihr Pony und nimmt ihn testweise mit nach Hause. Glücklich steigt Zarah ganz pferdebesitzermäßig auf, Zottel wedelt mit dem Schwanz und hebt ein Bein am Baum.
Stolz stellt sie Zottel als ihr Pferd vor und lässt sich weder von den Kindern des Viertels noch von ihrer Mutter davon überzeugen, dass Zottel nun wirklich ein Hund (wenn auch ein großer) und kein Pony oder gar Pferd ist. Denn am allerwichtigsten ist doch, dass Zottel bei ihr ist und in den Aufzug passt. Allerdings hat Zarahs Mama kein Geld übrig, um Zottel zu bezahlen. Gerade als Zarah ihn betrübt wieder in den Laden zurück bringen will, leistet Zottel wertvolle Dienste, als eins der Hofkinder beim Skateboardfahren verunglückt, und darf dadurch letztendlich doch bleiben.
Früher oder später wünscht sich jedes Kind ein Tier, oder nicht?
Glück haben vielleicht die Eltern, die mit dem Wunsch nach einem Goldfisch/Hamster/Meerschweinchen davon kommen. Etwas komplizierter wird es u.U. bei größeren und/oder ausgefalleneren Wünschen. Klar ist, dass nicht jeder Wunsch in Erfüllung geht. Dabei schwankt die Entscheidungsvielfalt zwischen "gar nicht" oder "ein Pferd kommt mir nicht ins Haus, aber über einen Hamster können wir reden". Doch nicht jedes Kind ist dabei so flexibel wie Zarah. Vielleicht ist es tatsächlich die Not, die sie erfinderisch macht? Neu in der Gegend mit einer Mama, die keine Zeit für sie hat und Kindern auf dem Hof, die ihr klar zu verstehen geben, dass sie besser gleich wieder zurück in ihre Wohnung geht, sehnt sie sich nach einem Freund. Am liebsten in Gestalt eines Pferdes. Doch die Umstände verlangen zumindest eine Anpassung der äußeren Form und schnell wird aus einem Pferd ein zotteliger Hund, der nicht nur ihr Herz erobert sondern auch das der Kinder im Viertel.
Die Konstellation "allein erziehende Mutter, die nachts arbeitet" bietet sich eigentlich geradezu an, eine gefühlsbetonte Geschichte über die damit verbundenen Schwierigkeiten und Probleme zu schreiben. Doch Jan Birck verzichtet darauf und beschreibt beide Hauptakteurinnen als ziemlich selbstständige und unerschrockene Figuren, die sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Da Text und Bild sehr gut miteinander harmonieren, sind Zarah und ihre Mutter entsprechend auch auf den Illustrationen zu sehen: mit wilden Haaren, selbstbewusst und voller Elan, die viel alleine stemmen und ihr Leben meistern. So zieht sich Zarah z.B. nach der Abfuhr der Kinder nicht am Boden zerstört zurück, auch wenn sie sich zunächst in eine Bücher- und Traumwelt flüchtet. Doch dann nimmt sie ihr Schicksal selber in die Hand. Manchmal erscheint sie fast erschreckend abgeklärt mit ihrem Pragmatismus, den sie den Umständen entgegensetzt. Doch zweifelsohne ist sie ein liebenswertes, quirliges Mädchen, das die Schwierigkeiten eines Neuanfangs hervorragend meistert.
Jan Birck hat bisher zumeist als Illustrator von sich reden gemacht und diese Kompetenz natürlich auch in "Zarah und Zottel" einfließen lassen. Zusätzlich zum gekonnt lebendigen und humorvollen Zeichenstil spielt Jan Birck in diesem Gesamtwerk mit Textbestandteilen: hebt einzelne Wörter heraus, ändert die Leserichtung oder setzt sie lautmalerisch ein. Auch die durchgehend farbigen Doppelseiten variieren im Illustrationsstil: mal flächig farbig, dann wieder liegt der Fokus auf einzeln herausgehobenen Dingen. Auf überwiegend schwarz-weißen Seiten stechen kräftig kolorierte Elemente heraus, während andere Doppelseiten eher dezent farbig gehalten sind. So ist nicht nur textlich sondern auch gestalterisch Abwechslung garantiert.
Fazit:
Aller Anfang ist schwer. Aber ist erstmal ein Freund gefunden, ist es gleich viel leichter. Und dabei kommt es, wie so häufig, nicht auf die äußeren sondern auf die inneren Werte an. Amüsante und kurzweilige Geschichte eines kleinen pargamtischen und tatkräftigen Mädchens, das sich so schnell nicht unter kriegen lässt.
Claudia Goldammer
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