Spätestens, wenn man um 4 Uhr morgens durch lautes Vogelgezwitscher geweckt wird, ist dem mürrischen Morgenmuffel klar, dass der Frühling wieder Einzug hält und endgültig den Winter besiegt hat. Bis es wieder so weit ist, erklärt das muntere Bilderbuch über den Gesang der Vögel, worauf wir uns freuen können und zu welchem Vogel welcher Gesang gehört.
In durchdringender Lautstärke und zu nachtschlafenden Zeiten sitzen dann Meisen, Drossel, Fink und Star auf von Tau bedeckten Zweigen und zwitschern sich scheinbar die Kehle aus dem Leib. Das gehört zum Sommer einfach dazu, bis das Gezwitscher langsam wieder in das durchdringende Krächzen der Raben über geht, die Abende länger werden, die Temperaturen sinken und sich die Zugvögel auf Wanderschaft begeben.
Die kleinen Federbälle vollbringen bei ihrem Gesangswettstreit wahre Lautwunder und tirilieren so unterschiedlich, dass man kein Ornithologe sein muss, um die gängigen Vogelstimmen zu unterscheiden. Doch wie diese Besonderheiten aufschreiben? Iris Schürmann-Mock ist es in 23 Gedichten gelungen, nicht nur die Gesangsunterschiede lautmalerisch einzufangen und in Verse zu verpacken, sondern zudem auch noch bestimmte Kennzeichen der jeweils beschriebenen Vogelart amüsant in Reimen aufzuschreiben:
"Vier Uhr - zwischen Tag und Nacht
Ist der Rotschwanz aufgewacht,
sorgt im Wald für Frühmusik
Jüh, jik, jik! Jüh, jik, jik!"
Sie konzentriert sich dabei nicht nur auf den Frühling oder Sommer, nicht nur auf tagaktive oder heimische Vögel, in Sing, sang, Zwitscherklang sind Eulen und Adler, Pinguine und Flamingos ebenso zu finden wie Hühner, Enten, Möwen oder der Zaunkönig. So abwechslungsreich, wie die Auswahl, so unterschiedlich ist auch der Ton der Gedichte: leise Töne werden durch lautes Krächzen abgelöst, alberne Situationen wechseln sich mit stillen und zarten ab. Das ruhige Warten auf warme Sonnenstrahlen geht über in übermütiges Herumtollen, das nächtliche Jagdverhalten der Eule wird ebenso beschrieben wie das Zugverhalten der Stare, Gänse und Schwalben oder die ersten zaghaften Flugversuche der Jungvögel. Und dann gibt es auch noch den Möwenklecks, der dem einen oder anderen auf den Kopf platscht.
Dementsprechend wechseln sich kurze Achtzeiler mit fast Seiten füllenden Gedichten ab, so dass für jeden Geschmack und jede Stimmungslage etwas dabei ist. Allerdings ist das Reimschema bei dem einen oder anderen Vers mitunter etwas holprig, mehr Feinschliff hätte hier durchaus gut getan. Auch von der Tiefe der Informationen rund um die Vögel sollte man sich nicht zu viel versprechen und eher auf seichtere Gewässer einstellen.
In sich stimmig sind die Gedichte von Christiane Fürtges mit farbenfrohen Collagen illustriert. Die Mischung aus Buntstiftzeichnungen und großformatigen farbigen Flächen wirkt durch die dezente aber fröhliche Farbwahl gleichzeitig zurückhaltend und dennoch ausdrucksstark und ist einfach schön anzusehen.
Fazit
Klingende Gedichte oder munteres Zwitschern? Sing, sang, Zwitscherklang bietet ausdrucksstarke Poesie und Wissenswertes über unsere gefiederten Freunde in Nah und Fern - kurzweilig und unterhaltsam.
Claudia Goldammer
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