Weihnachten steht vor der Tür, und der Bär Paddington besucht mit seiner Menschenfamilie den Winterwunderweihnachtsmarkt in einem großen Kaufhaus. Treuherzig und unternehmungslustig stolpert er von einem Missgeschick ins nächste: statt stimmungsvollem Shoppingausflug für die Familie Brown und ihren Schützling wird es ein vergnügliches Chaos für uns Leser.
Der kleine Bär Paddington, den es aus dem "dunkelsten Peru" in eine ganz normale Mittelschichtsfamilie verschlagen hat, ist besonders in England ein Kinderbuch-Klassiker. Aber auch hierzulande dürfte er zumindest den meisten ein Begriff sein, spätestens seit sein Film in diesem Winter im Kino läuft.
Das erste Buch schrieb Paddington-Erfinder Michael Bond 1958. In dem beschreibt er, wie die Familie Brown im Londoner Bahnhof Paddington einen Bären findet und ihn mit nach Hause nimmt. Der kleine Bär trägt ein Schild um den Hals, auf dem steht: "Bitte kümmern Sie sich um diesen Bären, danke schön". Die Browns nennen ihn nach dem Bahnhof, in dem sie ihn getroffen haben "Paddington". Und ähnlich wie beim Sams, bei Alf oder anderen solchen Zwischenwesen, die plötzlich in eine Familie geraten, reihen sich Missverständnisse und Missgeschicke aneinander und ergeben für den Leser ein lustiges, chaotisches Abenteuer nach dem anderen. Bei Paddington ist das nicht anders, er kann sprechen, hat Manieren - aber wenig Ahnung von der menschlichen Lebensweise in der westlichen Welt.
Insgesamt sind mehr als 150 Titel: die eigentliche Romane, Hörspiele, der erwähnte Film und einige Abenteuer auch als Bilderbücher. Dieses hier zum Beispiel: Paddington feiert Weihnachten.
Allerdings: Der Titel und das Cover, auf dem Paddington unterm Christbaum sitzt und beseelt Geschenke auspackt, versprechen mehr als sie halten. Oder anders: In der Geschichte geht es nicht um den Heiligen Abend, sondern nur um einen vorweihnachtlichen Ausflug der Familie in ein großes Kaufhaus und dessen berühmte, riesige Weihnachtsabteilung. Durch dieses Winterwunderland können die Besucher sogar auf elektrischen Schlitten hindurch fahren - und genau das hat sich Paddington gewünscht; wenn er dann noch den Weihnachtsmann trifft und sich von ihm ein Glas selbstgemachte Marmelade wünschen kann, um so besser.
Der englische Originaltitel, der übrigens bereits 1997 erschienen ist, "Paddington and the Christmas Surprise" ("Paddington und die Weihnachtsüberraschung") trifft es um Längen besser: Weil nämlich alles irgendwie anders ist als Paddington es sich vorgestellt hat (und auch ein bisschen langweilig), mault er herum und steigt schließlich während der Fahrt vom Schlitten, um den Weihnachtsmann auf eigene Faust zu suchen. Nebenbei versucht er ein paar Lichter zu reparieren rein, die ihm nicht in Ordnung scheinen .... und schon sind alle auf den Beinen und auf der Suche nach Paddingtion - bis auf einmal im ganzen Kaufhaus der Strom ausgeht. Der Chef komplimentiert Familie Brown nach draußen. Und am anderen Tag steht alles über den Bär und das Chaos in der im Kaufhaus in der Zeitung.
Die Vermutung liegt nahe, dass der deutsche Verlag mit Paddington feiert Weihnachten und neu erwachtes filmbedingtes Paddington-Interesse und generell jahreszeitlich bedingtes Weihnachtsinteresse bedienen will.
Wer Paddington gar nicht groß kennt, aus den ausführlichen Romanen oder eben aus dem Film, sollte dieses Buch lieber nicht kaufen. Denn die eigentlichen Geschichten sind recht vielschichtig, zu vielschichtig, um auf den im Bilderbuch zur Verfügung stehenden 32 Seiten alle Familienmitglieder, Nachbarn, Freunde und Verwandte einzuführen, das Naturell des Bären und seine Vorgeschichte zu erläutern. Für sich genommen hat dieses Buch wenig Pfiff, die Verwicklungen sind eher lau als komisch. Wenn man allerdings die Romane im Ohr oder den Film vor Augen hat, dann läuft das Kopfkino mit und das Buch ist prima.
Illustriert ist es mit feinen Strichzeichnungen, bunt coloriert. Die Personen, ihre Mimik, Gestik, ihre Gefühle und Erlebnisse stehen auf den mal ganzseitigen, mal kleinteiligen Szenen im Mittelpunkt, aber auch drumherum sind viele Details zu entdecken.
Weil das Kaufhaus durch den Artikel enormen Zulauf bekommt, wird Paddington noch mal eingeladen, denn er hat es ja mit seinem Durcheinander in gewissem Sinne ausgelöst. Und so trifft der kleine Bär doch noch den Weihnachtsmann und bekommt, was er sich die ganze Zeit gewünscht hat: ein Glas Marmelade geschenkt.
Fazit:
Dieses Bilderbuch über Paddington ist perfekte Zusatzlektüre, für alle, die ihn durch den aktuellen Kinofilm kennen und lieben gelernt haben. Hier erleben wir ihn in der Vorweihnachtszeit, die genauso dargestellt wird, wie Familien von heute sie erleben: aufgebauscht, hektisch, konsumorientiert, kein bisschen besinnlich, aber dann doch am Ende ganz schön.
Sigrid Tinz, Dezember 2014
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