Richard Löwenherz - König, Ritter, Troubadour
- Gerstenberg
- Erschienen: November 2014
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Richard Löwenherz. Auch wer nicht genau sagen kann, ob, wann, wo und wie dieser Mann gelebt hat, dass er ein tapferer Ritter und legendärer König gewesen sein muss, das hört man schon am Namen irgendwie. Und er hat in Wirklichkeit gelebt. Vor 850 Jahren, in England und in Frankreich. In diesem Buch erzählt sein Freund und Waffengefährte Blondel dessen Biografie.
Richard Löwenherz - ein Name, der Bilder im Kopf entstehen lässt von tapferen Kämpfern in prächtigen Rüstungen, von Fahnen, Waffen, Pferden und Prinzessinnen. Sofort ist man gedanklich in der Zeit der Ritter und Burgen. Ob man nun weiß, wer dieser Richard war oder das erste Mal seinen Namen gehört hat.
Ganz genau kennen lernen wir ihn in diesem Buch, begleiten ihn von klein auf - geboren worden ist er vor 850 Jahren - bis zu seinem Tod im Alter von gerade mal 41 Jahren; als er am 6. April 1199 an den Folgen einer Pfeilverletzung stirbt.
Die Autorin lässt einen gewissen Blondel de Nesle das Leben Richard Löwenherz erzählen: in fünf langen Kapiteln beschreibt der Richards Jugend, den Kreuzzug - um Jerusalem für die Christen zurückzuerobern - und die Rangeleien um den Thron im heimatlichen Königreich mit anderen Königen, aber auch in der eigenen Familie. Anfangs ist es ein bisschen kniffelig auseinander zu halten, wer jetzt wer ist und warum mit wem um was streitet und kämpft, aber man findet sich hinein. Damals gab es noch keine zwei, drei Dutzend Nationalstaaten in Europa wie heute. Sondern viele hundert größere, kleinere und ganz kleine Königreiche, Herzogtümer und Grafschaften, es gab das Lehnswesen und Adelstitel und politisch motivierte Heiraten, was zu komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den herrschenden Familien führte.
Blondel de Nesle hat nachweislich gelebt, war Richards Sänger, Freund und Waffengefährte. Mit diesem Kunstgriff macht die Autorin die Geschichte anschaulich und unterhaltsam.
Dieser Kunstgriff bewirkt aber auch, dass sich die Autorin als übergeordnete Erzählerin zurückhält und so manches einfach nur so da stehen lässt, was aus heutiger Sicht eine kritische Einordnung vertragen könnte: die Kreuzzüge, die Glaubenskriege, das Frauen- und Familienbild, die Gesellschaftsordnung. Über manches macht sich Blondel zwar Gedanken, aber so liberal und aufgeklärt wie ein moderner Mensch redet er natürlich nicht; das wäre ja auch unglaubwürdig.
Auch andere interessante Punkte erklärt uns Blondel nicht. Zum Beispiel, welche der beschrieben Szenen historisch belegt sind, welche ausgeschmückt und welche erfunden oder zumindest nicht bewiesen. So erzählt Blondel von mehreren sehr freundschaftlichen Treffen zwischen Löwenherz und dem ägyptischen Sultan Saladin, bzw. dessen Bruder. Ob es Treffen gab und wie genau die Beziehung war zwischen den beiden Heerführern ist in der Geschichtswissenschaft allerdings umstritten.
Klar, die eine historische Wahrheit gibt es nicht. Alle Fakten, Quellen und Dokumente sind nur Puzzleteile, die jeder Wissenschaftler oder Autor je nach Persönlichkeit und Zeitgeist anders zusammensetzt. Gerade bei Richard ist es aber besonders schwer, historische Wahrheiten auszumachen. Denn er war nicht nur einer der stärksten, schönsten und klügsten Ritter, sondern hatte auch ein enormes Talent fürs Self-Marketing: Viele berühmte Geschichten hat er selbst schon zu Lebzeiten gezielt in Umlauf gebracht. Zum Beispiel, dass er in der Schlacht von Jaffa gemeinsam mit nur sechs Rittern (und deren Gefolgschaft, okay) dreitausend Feinde in die Flucht geschlagen haben will. Oder: er nannte sein Schwert Excalibur" - wie das unbesiegbare Schwert aus der Artus-Sage.
Das wäre doch hochinteressant gewesen!
Und eine solche Einordnung hätte dem Buch, das sich mit angehängter Zeitleiste, Personen- und Literaturliste und Randnotizen als Sachbuch präsentiert, gut zu Gesicht gestanden.
Der Tonfall der Erzählung ist anschaulich, aber viel nüchterner als bei einem richtigen Historienschmöker, in dem die Denkmäler nicht nur beschrieben, sondern wieder lebendig werden.
Das Buch ist mit vielen kleinen gemalten Details und mit einigen ganz- und doppelseitigen Szenen aus Richards Leben verziert, bunt und prächtig - sieht aus wie Bilder im Museum", so beschreibt es ein Kind. Der Schriftsatz ist ruhig und übersichtlich, die Illustrationen ordentlich verteilt. Das alles und der Leinenrücken, der goldgeprägte Titel und das dicke cremefarbige Papier signalisieren Eltern, Omas, Patentanten, dass sie für den recht hohen Preis von 25 Euro ein richtig schönes" Buch bekommen für ihre Herzenskinder. Wenn die historisch interessiert und lesefleißig sind, wird es ihnen sicherlich gefallen. Und falls nicht: dank der hochwertigen Aufmachung sieht es auch einfach nur gut aus im Bücherregal.
Fazit:
Ein Sachbuch in Romanform über den legendären König Richard Löwenherz - mit klitzekleinen Schwächen, die bei einem so hochwertig aufgemachten und hochpreisigen Buch einfach schade sind. Alles in allem aber ein schönes Geschenk für leselustige, historisch interessierte Kinder - und ein Schmuckstück für jedes Bücherregal.
Sigrid Tinz, November 2014
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