Höchste Zeit, Herold!
- Klett Kinderbuch
- Erschienen: November 2014
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Herold ist optisch eine Mischung aus Ritter und Batman und von Beruf ist er schwer beschäftigter Superheld. Und er ist Papa einer Tochter, die erwartet, dass er pünktlich zu ihrer Geburtstagsfeier kommt, wie versprochen mit einem coolen Geschenk. Dreizehn Abenteuer muss er vorher noch bestehen - "soll Urselchen nicht warten, muss er mal langsam starten".
Während der Erwachsene noch überlegt, worum es genau gehen könnte, bei diesem Buch mit den knalligbunten, kulleräugigen, knollennasigen Comicmännchen auf dem Cover, dem Mädchen mit der Geburtstagstorte, diesem Ritter und den fantastischen anderen Gestalten, und ob es ein passendes Buch sein könnte, hat das Kind schon zugegriffen: Ritter, Comic, Monsterwesen - her damit!
Es geht um Folgendes: Hauptperson ist Herold, ein Ritter auf den ersten Blick, mit seiner wie ein knapper Latexanzug sitzenden Rüstung hat er aber auch was von Batman und insgesamt scheint er so etwas wie ein epochenübergreifender Superheld zu sein. Er hat beruflich viel zu tun, Abenteuer, Monster jagen, Welt retten, solche Sachen. In diesem Buch ist er auf dem Weg zu seiner Prinzessin, zu der er erst gelangen kann, wenn er 13 Prüfungen bestanden haben wird. So weit ganz klassisch, allerdings ist die Prinzessin seine Tochter, Ursel. Und Ursel denkt nicht dran, ehrfürchtig zu warten, bis ihr superheldenhafter Vater von seiner Superheldentätigkeit Zeit hat. Nein, Papa hat gefälligst pünktlich zu Hause zu sein - sie hat nämlich Geburtstag - und statt seinen Abenteuern zu lauschen interessiert sie nur eins: Hat er ein anständiges Geschenk mitgebracht! (Den viel beschriebenen und hochgelobten neuen Vätern zum Trotz, es gibt noch genug Kinder, die sich und ihre Familie in dieser Situation wieder erkennen, ob Papa nun einfach so viel arbeitet, im Garten oder am Auto rumwerkelt oder nur zu bestimmten Papa-Tagen in Erscheinung tritt, weil die Eltern getrennt leben.)
13 Prüfungen, wie gesagt, hat Herold zu bestehen. Also los, denn:
"Soll Urselchen nicht warten,
muss ich jetzt auf die Reise gehen
und 13 Prüfungen bestehen.
Ich werd mal besser starten."
Der edle Held redet also in Reimen und nicht nur er, der ganze Text ist gereimt. Weder klassisch-poetisch noch niedlich-kindlich noch verspielt-komisch, sondern nonchalant und wie nebenbei. Und genauso lässt es sich auch vorlesen: auch ohne gut Gedichte vortragen zu können und richtige Betonungen und Versmaß zu kennen, klingt es gut:
"Und hier wird Herold klar:
ich bin bei diesem Riesen
auf Hilfe angewiesen."
Oder:
"Ursel sagt entschieden:
Hast du auch ans Geschenk gedacht
und mir was Cooles mitgebracht?
Sonst bin ich nicht zufrieden."
Drachensau, großer Greif oder Schleimmonster, die Abenteuer des Herolds sind klassische Sagen- und moderne Fantasythemen, aber auch der Alltag - in Gestalt eines Wischmopp - kommt vor und manches was man so aus Funk und Fernsehen kennt: das Maden-Essen, das doch sehr nach Dschungelprüfung klingt zum Beispiel; und dann rennen noch
"Reporter auf ihn zu,
wollen schnell ein Interview.
Doch Herold bleibt ganz locker."
All diese Prüfungsthemen sind zwar irgendwie bekannt, der sinnvoll-sinnlose Mix macht sie faszinierend neu - und sehr, sehr lustig.
Die Bilder haben daran den größten Anteil:
Jede Prüfung hat von Anke Kuhl eine Doppelseite bekommen: der Herold, die Ursel, die anderen Menschen und Wesen sind mit schwarzem Strich gezeichnet und dann bunt ausgefüllt. Jede Doppelseite hat eine andere bildbestimmende Farbe: das Fleisch-Rosa der Drachensau, der in einer lila Lache lebende Wasserpilz, dem Herold den Schlips binden muss, das giftgrüne Schleimmonster. Der Bildaufbau orientiert sich immer sehr von links unten nach rechts oben; vorwärts, vorwärts, Ursel wartet!
Das bringt noch mehr Schwung in die Geschichte - weswegen sie sich vielleicht nicht als einlullende Gute-Nacht-Geschichte eignet. Ansonsten aber ist Höchste Zeit, Herold! ein absolut passendes Buch - für alle die gerne Kichern und ein bisschen Fantasie haben.
Am Ende kommt Herold ans Ziel, feiert mit seiner Ursel und ihren Freund, mampft Torte und natürlich hat er "ans Geschenk gedacht und Ursel was Cooles mitgebracht."
Was, das wird hier nicht verraten. Nur so viel: Ursel ist zufrieden. Und ihr Vater auch, hat er damit doch auch die allerschwerste Prüfung bestanden: sein Töchterchen glücklich zu machen, ein guter Vater zu sein.
Fazit:
Die klassische Heldensage als modernes Märchen, in dem die schwerste Prüfung ist, pünktlich zu kommen und ein guter Vater zu sein. Dieses etwas ernste Thema ist gut verpackt in 13 klassisch-abenteuerlich-alltäglich-verrückt-komisch-modernen Abenteuer, lustigen Reimen und bunten, dynamischen Illustrationen. Alles in allem flott, funky und ein richtiges Kicherbuch für die ganze Familie.
Sigrid Tinz, November 2014
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