Kara lebt mit ihrem Vater an der Küste Cornwalls. Eines Tages stößt sie auf ein gestrandetes Delfinbaby, das von den Schleppnetzen der Fischer lebensbedrohlich verletzt ist. Wird es Kara und ihrem neuen Freund Felix gelingen, das Delfinbaby zu retten und gegen den Gebrauch von Schleppnetzen anzukämpfen?
Seit Karas Mutter während ihrer Arbeit als Meeresbiologin bei ihrer letzten Forschungsexpedition verschollen ist, steckt die Familie in ernsten finanziellen Schwierigkeiten. Karas Mutter hatte zur Finanzierung ihrer Pläne einen hohen Kredit aufgenommen, den ihr Vater nun mit seinem niedrigen Lohn als Fischer abbezahlen muss. Er kann sich selbst den Unterhalt seines Bootes "Moana" nicht mehr leisten, an dem auch Kara sehr hängt, weil sie es zu dritt, mit ihrer Mutter, gebaut hatten. Um Mietkosten zu sparen, sind sie bei Karas Tante Bev untergekrochen, deren Mann -wie viele Fischer des Dorfes - für den skrupellosen Dougie Evans arbeitet, für den Profit ganz klar über den Naturschutz geht.
Als sie ein gestrandetes Delfinbaby finden, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Unerwartet erhält Kara Unterstützung durch ihren neuen Mitschüler Felix, der sich trotz einer Körperbehinderung sehr für das Segeln und das Meer interessiert.
Mithilfe von Umweltschützern schaffen sie es, das Delfinkälbchen am Leben zu halten. Außerdem setzt Kara alles daran, um die Mutter des kleinen weißen Delfins zu finden, was ihr schließlich auch gelingt. Als Folge der Rettungsaktion und mit dem daraus resultierenden Hintergrundwissen setzen sich Kara und Felix verstärkt gegen den Einsatz von Schleppnetzen ein. Bei einem großen Meeting in der Schule helfen sie mit, die Dorfbevölkerung über den Schaden von Überfischung und Schleppnetzen aufzuklären. Hierbei sind ihnen Felix´Computerkenntnisse von großem Nutzen. Diese verhelfen Kara auch dazu, mehr Einzelheiten über Verschwinden ihrer Mutter herauszufinden und erlauben ihr so, den wahrscheinlichen Tod der Mutter zu akzeptieren.
Die Lokalpresse berichtet sehr positiv über die Aufklärungsaktion und die meisten Fischer des Ortes unterschreiben einen Aufruf zu einem freiwilligen Fangverbot vor der Küste zum Schutz des dortigen Korallenriffs. Dougie Evans und auswärtige Fischer halten sich jedoch nicht an das freiwillige Fangverbot. Als Kara und Felix bei einer spektakulären Rettungsaktion Dougies Sohn Jake und dessen Freund Ethan das Leben retten, schwenkt Dougie um.
Der studierten Tiermedizinerin Gill Lewis ist es auch bei ihrem zweiten Kinderbuch gelungen, ihre jungen Leser für ein im Kinderbuch wenig vorkommendes Thema, die Überfischung der Meere und den Erhalt der dort vorkommenden Tierwelt, zu gewinnen. Geschickt verbindet Gill Lewis dieses Thema mit einer spannenden Geschichte, in der Delfine eine wichtige Rolle spielen. Diese beliebte Tierfigur wird jedoch nicht verniedlicht dargestellt sondern dient dazu, die heranwachsenden Leser für die so drängenden Themen wie Globalisierung und Überfischung zu interessieren.
Die Hauptperson Kara ist ein "starkes" Mädchen, das nicht auf einen "Märchenprinz" wartet, sondern bei Problemen selbst nach einem Ausweg sucht. Sie hat keine Angst davor, zu ihren Überzeugungen zu stehen, auch wenn sie sich damit unbeliebt macht; sie lässt sich nicht von Dougie einschüchtern. So ermutigt die Autorin ihre Leser, sich selbst eine Meinung zu bilden und seinen eigenen Ideen treuzubleiben - auch wenn das bedeuten kann, unbequem zu sein und zumindest zeitweise in Kauf zu nehmen, zum Außenseiter zu werden.
Karas Interessen für das Segeln, das Meer und seine Tierwelt sind eher mädchenuntypisch und verdeutlichen, dass das Buch eine möglichst breite Zielgruppe erreichen will. Dieses Anliegen wird auch dadurch deutlich, dass Delfine im Mittelpunkt der Handlung stehen. Jeder mag diese außergewöhnlichen Meeressäuger, sie gelten als sanft und klug und werden in einigen Kulturen sogar als Glücksbringer verehrt.
Dass sich das Buch trotz einer weiblichen Hauptperson sowohl an Mädchen als auch an Jungen wendet, das ist auch äußerlich offensichtlich. Der Umschlag ist überwiegend blau gehalten und eher "geschlechtsneutral".
Neben aktuellen Themen wie Überfischung und Globalisierung werden auch zeitlose Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt angeschnitten. Der Freund Karas, Felix, ist körperbehindert, will aber keine Sonderbehandlung, sondern beweist, dass er mitten im Leben steht, wie bei der dramatischen Rettungsaktion von Dougies Sohn Jake.
Das Buch ist 270 Seiten stark, ist aber durch seine große Schrift, die kurzen Kapitel und seine spannende Handlung schnell zu lesen. Mehr noch, es belohnt durch eine poetisch-dichte Sprache, wobei die Autorin ihre Leser nie überfordert, sondern ernst nimmt und zum Selber denken anregt. So gibt es zum Abschluss lobenswerter Weise einen Anhang mit 12 faszinierenden Tatsachen über Delfine sowie mehrere Webseiten, auf denen man mehr über die im Buch angeschnittenen Themen erfahren kann.
Fazit:
ein spannendes, mitreißendes Kinderbuch, das seine Leserschaft und somit heranwachsende Tierschützer für ein wichtiges Thema, den Erhalt der Tierwelt der Weltmeere, durch eine aufrüttelnde Handlung um eine beliebte Tierfigur sensibilisiert.
Andrea Delumeau, Mai 2014
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