"Ich geh doch nicht verloren!" - und was, wenn es doch einmal passiert? Auf dem überfüllten Marktplatz lässt sich die mutig-freche kleine Lu kurz ablenken und schon ist ihre Mutter im Gewimmel verschwunden. Zum Glück hat sie gut aufgepasst und weiß genau, was zu tun ist. Allein hätte sie vielleicht doch etwas Angst, aber - wie der Zufall es will - ist sie gar nicht allein. Der kleine Roberto ist verzweifelt auf der Suche nach seinem Vater und dann ist da noch ein kleiner Hund, der die Kinder überhaupt erst abgelenkt hatte. Während der Hund sorglos ohne sein Herrchen durch die Gegend streunt und Roberto verzweifelt weint, nimmt Lu die Sache in die Hand. In der Apotheke laufen die Fäden schließlich zusammen, alle umarmen sich glücklich und Lu erinnert ihre Mutter an Regel Nummer sechs: "keine Panik"!
Die fröhlich-freche Lu im modisch-schrillen Look, die schon in "Ich geh doch nicht mit jedem mit!" (2009) die Herzen der Leser erobert hat, verliert auf der Suche nach einem neuen Paar geringelter Socken ihre Mutter aus den Augen. Eigentlich kann man den quietsch-roten Mantel und die leuchtend grüne Hose aus Kilometern Entfernung sehen, aber - als sie am knallroten Zipfel zieht um ihrer Mutter den süßen Hund zu zeigen, ist die Hose blau. Ihre Mutter verschwunden. Lu bleibt erschrocken stehen und sieht sich nach allen Seiten um. Da steht der kleine Junge, der kurz zuvor steif und fest behauptet hatte nicht verloren gegangen zu sein. Er hat Tränen in den Augen, denn er sucht seinen Vater jetzt schon länger und gerät langsam in Panik. Lu sortiert ihre Gedanken, beruhigt den Jungen und erklärt ihm die Regeln, die sie für einen solchen Fall gelernt hat. Sechs Regeln sind es - und Lu erinnert sich an jede einzelne.
Erstens: "stehen bleiben und rufen!"; zweitens: "anrufen!"; drittens: "Polizei" rufen; viertens: "mit niemandem einfach so mitgehen!"; fünftens: Hilfe suchen "an einem Ort, an dem möglichst viele Menschen sind und wo man mich gut sehen kann!"; sechstens: "keine Panik!". Mit der richtigen Vorbereitung und ihrem Wissen kann Lu denn auch ein Lächeln im Gesicht behalten und sich mutig der Herausforderung stellen. Die Suche nach ihrer Mutter gerät im Verlauf der Geschichte sogar fast zu einer belanglosen Nebensächlichkeit - klar finden sie sich wieder! Sie wissen ja beide was zu tun ist. "Ich geh doch nicht verloren!" ist nämlich genau deshalb so ermutigend, weil es eine Rettungsgeschichte ist und Lu ihr Held. Lu beruhigt den kleinen Jungen, bringt ihm bei, wie man sich verhalten muss und hilft ihm seinen Vater wiederzufinden. Am Ende, freilich, überschlagen sich die Ereignisse und sie hätten sich wohl ohnehin gefunden - aber mit viel mehr Theater und unnötigen Tränen.
Die Illustrationen zeigen facettenreiche, aus dem Leben gegriffene Szenen des Stadtlebens und stechen durch kräftige Farben ins Auge. Im Gewimmel der Menschen finden sich ganz verschiedene Typen und ihre stark expressiven Gesichtsausdrücke sprechen Bände. Die farbigen Hintergründe, die zwar einen Raumeindruck erzeugen, aber keine realistische Darstellung behaupten, reduzieren die Detailtiefe. Das ist auch gut so, denn die Verwendung von Panels - wie im Comic - sorgt für Bewegung und erhöht das Erzähltempo. Auf einigen Seiten wird durch aneinandergereihte Panels der Bewegungseindruck, der durch Mimik und Gestik der Figuren ohnehin dominant ist, noch verstärkt. Die Illustrationen werden Kinder ab 3 Jahre sicher begeistern, sie sind farbenfroh, frech und lustig. Die Tränen des kleinen Roberto werden durch den Illustrationsstil und Lus Lächeln aufgewogen. Die LeserInnen werden sich - soviel ist klar - ohnehin mit Lu identizifieren und darin liegt der Clue der Geschichte: hier lernt man nicht für sich, sondern für andere. Und das erlaubt es den Kleinen die Regeln zu verinnerlichen ohne sich in eine traumatische Situation hineinzuversetzen zu müssen.
Fazit:
Ein farbenfroher Mutmacher! Die verwickelte Geschichte ist trotz ihres Themas und didaktischen Wertes humorvoll verspielt. Die Illustrationen verwandeln das Geschehen in ein buntes Abenteuer!
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