ab 9 Jahren
Winston ist ein Rassekater. Er lebt beim Physikprofessor Hagedorn in einer der besseren Gegenden Hamburgs. Als der Herr Professor eine neue Haushälterin einstellt, ist es mit dem beschaulichen Leben aus. Die hat nämlich eine zwölfjährige Tochter, Kira, und jede Menge Probleme - weswegen die beiden auch erst mal mit in die Professoren-Wohnung ziehen. Und ruckzuck wird es kriminell und übersinnlich. Heilige Ölsardine.
Er heißt Winston Churchill, ist ein Rassekater, liebt es, den ganzen Tag zu verschlafen, verspeist nur gekochte Hühnerleber - mit einem Hauch Petersilie - und geht nur ganz, ganz selten mal vor die Tür. Sein Besitzer, Professor Hagedorn, stellt eine neue Haushälterin ein, Anna Kovalenko. Eines Nachts wird Anna von ihrem Freund bedroht und geschlagen. Sie flüchtet sich mit ihrer 12-jährigen Tochter Kira zum Professor; der lädt beide ein, zu bleiben, bis die Probleme geklärt sind. Bei ihm und bei Winston natürlich. Die Probleme fangen da aber erst an: Annas Freund hat Zigaretten geschmuggelt und droht sie bei der Polizei anzuschwärzen, sollte sie nicht zu ihm zurückkommen. Er lauert sogar Kira in der Schule auf. Deswegen bringt der Professor sie auf dem Edel-Gymnasium um die Ecke seiner Wohnung unter, wo sie als Putzfrauen-Tochter unter Arztsöhnen und Anwaltstöchtern keinen leichten Stand hat. Das alles wissen wir von Winston. Denn er erzählt das ganze Buch, aus seiner Sicht, in seiner etwas adlig-gestelzten Sprache und garniert mit dem, was er als Katze sich dazu denkt.
Wenn in Büchern Tiere nicht einfach nur vermenschlicht sind, sondern wenn beide Welten, die der Menschen und die der Tiere, nebeneinander bestehen, hat es oft seinen eigenen Reiz: es ist spannend, überraschend, erkenntnisreich und oft sehr witzig. Auch wenn es natürlich nur die Autorin ist, die Winston aus seinem Rassekater-Blickwinkel auf die Menschenwelt schauen lässt.
Winstons Geschichte bekommt aber noch eine zusätzliche Drehung. Kira freundet sich schnell mit dem Kater an und bei einem Spaziergang werden die beiden vom Blitz getroffen - und sind danach vertauscht: Kiras Ich steckt jetzt im Kater, Winstons in Kiras. Kein nagelneuer Geistesblitz, diese Körpertauschidee, im Gegenteil; aber 10-jährige Mädchen kennen die ungezählten Geschichten damit und darüber zum großen Teil noch nicht. Genervtes Augenrollen und Schon-wieder-Stöhnen ist also nicht zu befürchten.
Außerdem nimmt so der Kriminalfall ordentlich Fahrt auf. Denn Kira und Winston können sich in Gedanken unterhalten und beschließen, Annas Ex-Freund zu überführen, um ihr aus der Bredouille zu helfen. Und als Ermittlerteam sind sie unschlagbar: Kira-Kater kann nämlich immer noch viel Menschliches: Lesen, Pläne schmieden, U-Bahn benutzen; andererseits kann er oder sie herumschnüffeln, ohne großen Verdacht zu erregen. Bald sind die beiden auf der richtigen Spur. Parallel dazu muss Winston in seinem Schulmädchen-Körper Kiras Alltag meistern.
Dass alles gut ausgehen wird, ist von Anfang an klar; so locker, leicht und humorvoll werden alle angerissen Themen behandelt, die - für sich genommen - mehrere Bände eines problemorientierten Romans füllen könnten: Migration, Patchwork, Kriminalität, Zwei-Klassen-Gesellschaft, Mobbing, Freundschaft und Cliquen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht ganz klar Winston: alle anderen Personen, alle anderen Handlungsstränge sind längst nicht so wichtig und präsent wie seine nächste Mahlzeit. Das ist zwar einerseits schade - würde man über das eine oder den anderen gerne ein bisschen ausführlicher lesen. Andererseits passt es einfach zu Winston und seinem gestelzten Edelkater-Getue: "Heilige Ölsardine, ich bin Super-Winston und was eine echte Katze ist, die kreist halt nur um sich!"
Fazit:
Das Buch ist sehr, sehr nett, die Aufmachung und der Rassekater Winston ebenso. Andererseits ist die Zusammenstellung speziell: wenn der arrogante Kater den Körper mit der Tochter der russischen Putzfrau seines Herrchens tauscht und deren Lebensgefährten des Zigaretten-Schmuggels überführt - dann ist es ein bisschen Geschmackssache, ob das übertrieben und oberflächlich ist. Oder grandios witzig.
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