Liebe ist ein Nashorn

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2013

Idee

Eine 13-Jährige schreibt ihrem ersten Schwarm einen Liebesbrief – aus dem ein ganzes Tagebuch wird und neben Geschichten von und für Jan lustig und warmherzig von Alltagserlebnissen und Pubertäts-Malessen erzählt.

Bilder

Lea, die Tagebuchschreiberin, zeichnet auch gerne; manche Begebenheiten erzählt sie als kleinen Comic; und es gibt viele kleine niedliche Nashörner, die jeweils nacherleben, was Lea gerade fühlt.

Text

Geschrieben ist es gewählter, als eine 13-Jährige vielleicht einen Brief oder ein Tagebuch schreiben würde. Ellenlange Schmachtereien fehlen, dafür kenntnisreiche und einfühlsame Passagen über das Erwachsenwerden.

Lea ist fast 14 und das erste Mal verliebt. In Jan aus der Neunten. Und steht vor dem gleichen Problem wie alle jung und frisch Verliebten: wie sage ich es ihm, wie rede ich überhaupt mit ihm, wenn man sich komplett in Wackelpudding verwandelt, sobald man sich sieht? Also schreibt sie ihm. Einen Brief, aus dem ein ganzes Tagebuch voll wird.

"Hey Jan", so beginnt dieses Buch, "das hier ist kein Liebesbrief. Ich bin nämlich nicht in dich verliebt. Genaugenommen war ich noch nie verliebt und ich weiß auch nicht so richtig, wie sich das anfühlen soll. So einen Brief anzufangen ist irgendwie ganz schön schwer." Und dann ist alles durchgestrichen und Lea fängt neu an, schreibt von sich, für Jan, über alles mögliche, ein ganzes Tagebuch voll:
Darüber, wie es in der Theater-AG war - der sie nur beigetreten ist, weil Jan auch dabei ist. Der hört allerdings gleich wieder auf, weil er lieber Trainer einer Kinder-Fußballmannschaft wird.
Wie es zu Hause ist - nicht so einfach gerade, denn ihr spießiger Banker-Vater und ihre esoterisch-verrückte Mutter können nicht mit und nicht ohne einander.
Warum sie ihre Mutter "Mudda" nennt - weil das ein übriggebliebenes Kindheitswort ist, das nichts mit Kiezsprache zu tun hat.
Über ihren kleinen Bruder - der den ganzen Tag nur Star Wars spielt, seine große Schwester ärgert, bespitzelt, hänselt und schließlich regelmäßige Süßigkeitenlieferungen von ihr verlangt, damit er Jan nichts von dem Liebesbrief erzählt.
Darüber, dass Jans bester Freund in sie verliebt ist, sie aber nicht in ihn- und trotzdem sauer wird, wenn er andere Mädchen knutscht.
Eine Besonderheit ist, das Lea gerne zeichnet und damit natürlich auch ihr Tagebuch verziert. Manche Szenen beschreibt sie nicht mit Worten, sondern in Comics, Weil sie dafür die peinlichsten und skurrilsten auswählt, ist das richtig witzig. Und dann gibt es da noch die kleinen Nashörner. Denn Lea fühlt sich nicht, als hätte sie Schmetterlinge im Bauch, sondern als würden Nashörner in ihr herum trampeln. Deshalb auch der Titel. Diese Nashörner zeichnet sie ebenfalls: sie sind ganz niedlich und benehmen sich immer genau so, wie sich Lea gerade fühlt: sie sitzen heulend in der Ecke, toben mit einem Fußball fröhlich übers Blatt, kuscheln sich an ihr Bein.

Und es gibt längere Passagen, in denen Lea ihren Alltag und ihr Verhalten kommentiert, zum Beispiel diese: "Früher waren meine Eltern so was wie ein Ritter und eine gute Fee für mich. Sie hätten mich nie im Stich gelassen, das würden sie auch heute nicht. Doch je älter ich werde, desto mehr Löcher bekommt ihr Heldenkostüm und darunter kommen ganz normale Menschen zum Vorschein." Über die Trennung ihrer Eltern schreibt sie: "Es ist nicht meine Schuld, das haben Mudda und Papa immer wieder zu Tim und mir gesagt. Natürlich nicht! Kinder sind niemals schuld, wenn die Erwachsenen sich nicht mehr verstehen." Das klingt so abgeklärt und entwicklungspsychologisch fachlich korrekt, wie es eine normale 13-Jährige wohl kaum sehen, geschweige denn ausdrücken würde.

Das ist kein Nachteil, im Gegenteil, liest doch so manches normale 13-jährige Mädchen vielleicht ganz gerne mal eine abgeklärte, entwicklungspsychologisch korrekte Einschätzung der eigenen hormonellen Schieflage. Umso lieber, wenn diese Lebenshilfe gut verpackt ist in einem authentisch angehauchten Tagebuch-Liebesbrief-Roman.

In dem es kommt, wie es kommen muss: der kleine Bruder macht seine Drohung wahr und stibitzt das Brief-Buch aus Leas Zimmer. Ihr Schwarm Jan ist natürlich ein anständiger Junge und gibt es ihr zurück, ohne darin gelesen zu haben. Dann kommt der erste Kuss, zwar durch Zufall in diesem Moment, aber doch unausweichlich und absehbar. Und auch der Rest geht happy zu Ende: Lea verträgt sich mit ihrer besten Freundin und mit ihrem Bruder auch, ihr Vater verträgt sich mit ihrer Mudda. Was alles - warum auch immer gar nicht kitschig rüberkommt - sondern einfach gute Laune macht. Wie das ganze Buch

Fazit:

Nashörner im Bauch statt Schmetterlinge, ein Tagebuch statt eines Liebesbriefs, viele seltsame Alltagsbegebenheiten und in manchen Passagen ein sehr einfühlsamer, entwicklungspsychologischer Blick auf die Zeit des Erwachsenwerdens, lustig geschrieben und mit den witzig-niedlichen Comics sehr unterhaltsam bebildert - der längste, peinlichste Liebesbrief der Welt ist kein bisschen peinlich, sondern ein Buch, dass rundum gute Laune macht.

Sigrid Tinz

 

Liebe ist ein Nashorn

Ulrike Leistenschneider, Kosmos

Liebe ist ein Nashorn

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