Charlotte ist 13, verliert ihr Pflegepferd und will nie wieder reiten. In den Sommerferien trifft sie ihr Traumpferd und ändert ihre Meinung wieder. Und sie trifft auch Thierry, den Neffen des Reiterhofbesitzers; der ist zwar ziemlich schnöselig, aber auch sehr süß.
Es gibt eine Handvoll Möglichkeiten, wie ein typisches Pferde-Mädchen-Buch abläuft: das Lieblingspferd stirbt oder wird verkauft und das Mädchen will vom Reiten nie mehr etwas wissen - bis ein anderes Pferd auftaucht, das gezähmt, gerettet, gepflegt werden muss. Oder: es gilt eine große Bewährungsprobe rund um den Reitstall zu bestehen: Insolvenz, Intrigen, Krankheiten, Unfälle, Brände. Und: im normalen Stall-Alltag taucht ein junger Mann auf, der super reitet, toll aussieht und total arrogant ist - bis unser Pferdemädchen es schafft, seine raue Schale zu knacken.
Kleine Zwischenbemerkung: wer jetzt nicht zumindest heimlich "Hach" seufzt, der sollte daraus nur schließen, dass er nicht zur Zielgruppe gehört und wahrscheinlich nie dazu gehört hat. Und wer Zielgruppe ist, zeigt das Cover unmissverständlich: braunes Pferd mit wehender Mähne, auf hellblau-dunkelrosa Untergrund, umkringelt mit Gänseblümchen.
Aus all dem sollte man aber keinesfalls schließen, dass "Charlottes Traumpferd" ein schlechtes Buch ist, denn das ist es nicht. Im Gegenteil:
Nele Neuhaus hat alle erwähnten Grund-Handlungen in einer einzigen Geschichte untergebracht. Und zwar so gekonnt, dass es an keiner Stelle gewollt wirkt: die unscheinbare, etwas bequeme Anfängerreiterin Charlotte will nie wieder reiten, weil ihr Pflegepferd Gento verkauft worden ist - bis sie im Sommerurlaub auf einer französischen Ferieninsel ihr Traumpferd trift: Won Da Pie. Und einen begnadeten Reitlehrer, der ihr Talent erkennt und sie die ganzen Ferien lang kostenlos unterrichtet. In dieser Zeit trifft sie dessen Neffen Thierry, ein paar Jahre älter, ein super Reiter, total arrogant, aber sehr süß. Und er macht ihr Schmetterlinge im Bauch. Dazu gibt es eine Menge schmuseweiche Pferdenasen und glänzende Mähnen; Pferdewissen über Putzzeug, Galopparten und Reitabzeichen; Familienalltag und Stallroutine.
Charlotte erzählt die Geschichte in der Ich-Form, sie ist 13-Jahre und damit etwas älter als die Mädchen, für die das Buch gedacht ist. Was die genau so am liebsten mögen. Zehnjährige wissen einfach noch nicht, wie es ist, den ganzen Tag im Reitstall 'rumzuhängen' oder wie sich Verliebtsein anfühlt. Also lesen sie gerne, wie es sein könnte.
"Voll gut", "echt doof", "blöde Kuh", so etwas sagt Charlotte schon mal; ansonsten ist die Sprache weder platt noch kunstvoll noch besonders jugendlich, sondern einfach normal. Und die Geschichte spult sich vor den Leserinnen ab, ohne dass sie merken, dass sie lesen, ohne aus dem Tritt zu geraten, weder sprachlich, noch inhaltlich. Okay, dass die Eltern, die eigentlich nicht viel mit Reiten und Pferden am Hut haben, ihrer Tochter das neue Traumpferd kaufen, als der Urlaub zu Ende ist, verblüfft selbst Charlotte. Aber sie sind halt so froh, dass sie wieder fröhlich ist. Und Herrgott, irgendwie muss Charlotte ja an ihr Pferd kommen! Wovon sonst bitteschön sollte Band 2 handeln? Der heißt "Gefahr auf dem Reiterhof" ; Charlotte ist wieder zu Hause in Bad Soden, es geht um die ersten schwierigen und aufregenden Monate mit Won Da Pie und den Streit mit einer intriganten Freundin, die auch vor Sabotage und Verleumdung nicht zurückschreckt. An Thierry denkt Charlotte übrigens nur ab und zu - bis er ihr mailt, dass er ein Austauschjahr in Deutschland machen wird, in Band 3 - sorry - im nächsten Frühling. Und ganz in ihrer Nähe.
Fazit
Gäbe es eine Liste mit Anforderungen, die ein gutes Buch über Pferde für junge Mädchen erfüllten muss, könnte man bei Charlottes Traumpferd alle abhaken. Es ist perfekt für alle 9-,10-,11-jährigen Mädchen, die Pferde lieben und gerne reiten (würden), und sie werden die Geschichte von Charlotte sicherlich nicht nur einmal lesen. Eltern eines pferdebegeisterten Mädchens, die wissen wollen, wie ihre Tochter so denkt und fühlt, werden hier ganz bestimmt erhellende Einblicke finden.
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