Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich
- Coppenrath
- Erschienen: November 2012
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Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Kinderbuch des Monats [11.2012]. Das beliebteste Märchen der Brüder Grimm stellt sich pünktlich zum Weihnachtsfest in neuem Gewand vor: Die von Henriette Sauvant auf diesem überdurchschnittlich großem Format gezauberten Illustrationen lassen dieses Buch als einen wahren Schatz erscheinen - und selbst die abgeklärtesten jungen Leser werden näher rücken, um sich mit diesem prächtigen Buch in eine längst vergangene Zeit entführen zu lassen ...
... nämlich in eine Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat. Und genauso beginnt das wohl bekannteste Märchen der Brüder Grimm. Wir kennen es alle, wie die liebreizende Prinzessin ihre Kugel fallen lässt, so dass sie in den tiefen Brunnen fällt. Wie unheimlich es dort, tief unten aussieht ... dann steckt ein "garstiger Frosch" seinen Kopf aus dem Wasser und bietet der Prinzessin seine Hilfe an. Aber er will als Gegenleistung keinen Schmuck oder ähnlich kostbaren Tand, nein, er möchte einfach nur ihr Freund sein. Egal ob am Tisch, beim Spielen oder im Schlaf, der Frosch möchte immer an ihrer Seite sein. Nun, wie jeder weiß, verspricht die Prinzessin zwar, dass sie ihm den Gefallen tut, sie hält sich jedoch nicht daran. Erst die mahnenden Worte des Königs, ihres Vaters, bringen sie dazu, ihr Versprechen einzulösen. Allerdings mit fatalen Folgen. In ihrem Schlafgemach ist die Prinzessin so entnervt von dem grünen, glitschigen Frosch, dass sie ihn kurzerhand an die Wand schmeißt. Das sollte eigentlich nicht belohnt werden, aber bei den Brüdern Grimm und ihren alten Märchen wird daraus kein großes Aufhebens gemacht. Viel besser noch: Der Frosch wird zu einem hübschen Prinzen mit freundlichen Augen.
Ein echter Schatz, in jeder Hinsicht:
Für alle Märchenliebhaber ist dieses Buch ein echter Schatz, auf den sie (wahrscheinlich) nicht verzichten wollen. Das beeindruckende Format von ca. 36 cm x 45 cm, das selbst längst "herausgewachsene" Märchenleser auf den Plan ruft, sobald dieses Prachtexemplar zur Hand genommen wird, wirkt allein schon mächtig beeindruckend; wie ein echtes, altes Märchenbuch, das vielleicht der Prinzessin selbst gehört haben mag.
Foto-Copyright: Kinderbuch-Couch.de
Öffnet man den golden verzierten Karton, findet man darin das Buch, das mittels eines ebenfalls goldenen Satinbandes leicht herauszunehmen ist. Im Deckel des Kartons entdeckt man sogleich einen Vorgeschmack auf eins der schönsten Illustrationen in dem Buch. Auf dem Cover hat die renommierte und preisgekrönte Illustratorin Henriette Sauvant die Prinzessin gezeichnet, wie sie am Brunnen steht, auf ihr Spiegelbild herunterblickt und sehr betrübt wirkt - schon hier entdeckt man den ersten Zauber der Illustrationen, die so magisch und dennoch so natürlich wirken. In zurückhaltenden Farben und beinahe lebensechten Details erweckt die Hamburger Illustratorin ihre überaus atmosphärischen Gemälde in Öl zum Leben.
Dank des außergewöhnlich großen Formates ist das Zusammenspiel zwischen Text und Illustration außergewöhnlich großzügig angelegt. Das lässt das Buch edel und kostbar erscheinen. Hier wurde verschwenderisch mit dem Platz umgegangen und jeder Doppelseite ihre ganz eigene Inszenierung verleihen. Die einseitigen Illustrationen werden auf der gegenüberliegenden Seite von einem lockeren Textblock von noch nicht einmal fünf Zeilen begleitet, ein anderes Mal besteht eine Doppelseite nur aus einer Illustration, oder eine andere Doppelseite nur aus Text. Jedoch wird der Text stets von kleineren, wunderschöne Illustrationen begleitet, die den Inhalt des Textes aufgreifen. Auch bei den fast doppelseitigen Illustrationen, die über die Falz in der Seitenmitte hinausgehen, sind es nicht mehr als neuen Zeilen in einer edlen Seriphenschrift.
Vielschichtige Bilderwelten
In allen von Heinriette Sauvants Illustrationen verbirgt sich ein Hinweis, ein Geheimnis. Sie arbeitet mit einer starken Symbolik und mit einer sehr aussagekräftigen Farbwelt, die ihrerseits die Stimmung des alten Märchens auf beeindruckende Weise trägt und interpretiert. So ist bei der Schlossansicht auf der ersten Seite ebenfalls etwas verborgen, das man auf den ersten Blick vielleicht nur als Schatten in der Hügellandschaft erkennen würde, beim genaueren Hinsehen jedoch entdeckt man Gesichter - vielleicht die, der Brüder Grimm? In der goldenen Kugel die von einer zarten Hand in die Höhe geworfen wird, können wir Gestalt der Prinzessin erkennen und das Schloss im Hintergrund. Auch die Wasserwelt mit seiner unergründlich grün-blauen Tiefe zeigt mit beeindruckend wenig Details eine Stimmung, die die Stille und die Kühle des Wassers beeindruckend transportiert - allein durchbrochen durch das Gold der Kugel und der goldgelben Rückenzeichnung des Froschs. Das kühle Blau des heranbrechenden Abends ist wieder um ein ganz anderes, als die Prinzessin mit ihrer Kugel zurück ins Schloss eilt; hier ist es eher ein ungemütliches graues Blau in dem man zwischen den Bäumen Regen erkennen kann.
Im weiteren Verlauf verstecken sich noch eigenartigere Dinge in den Gemälden: Ein Fisch hinter dem großen Schlossfenster, Kaulquappen in den Gräsern im Blumentopf, während der Tisch zufrieden bei Tisch sitzt und sich eine Fliege schmecken lässt.
Der Schreckensmoment ist sicherlich für viele sehr junge Zuhörer und Betrachter, als die undankbare Prinzessin den armen Frosch an die Wand wirft - typisch für die alten Märchen, möchte man fast sagen, die in diesen Dingen nicht zimperlich mit ihren Protagonisten umgehen. Sie zeigen auf eine ziemlich brachiale Weise auf, wenn eine Situation aus den Fugen gerät. Zum Glück verwandelt sich der Frosch umgehend in einen schönen Königssohn mit freundlichen Augen.
Die Illustration jedoch weicht hier von dem Text ab, zeigt das Ergebnis der impulsiven Tat und macht das Leseerlebnis vielschichtiger. Anders als im Text thematisiert wird, liegt der Frosch in Henriette Sauvants Illustration tot auf dem Rücken, während sich hinter einem Vorhang die Schemen eines Menschen (des Prinzen) zu erkennen geben. Allzu schnell löst sich dieses Märchen in Wohlgefallen auf, so scheint es und man ahnt, dass hier noch etwas kommt, was viele vielleicht nicht mehr erinnern. Denn ein dritter im Bunde spielt eine wichtige Rolle: Der treue Heinrich, der den Prinzen mit seiner Kutsche abholt. Vor Erleichterung zerspringen die drei eisernen Bande, die er um sein Herz gelegt hat, "damit es ihm nicht vor Weh und Trauer zerspränge".
Der Text ist aus der siebten Ausgabe der "Kinder- und Hausmärchen" (Berlin 1857) weitestgehend beibehalten worden. Die Herkunft des Märchens - wie man aus dem informativen Nachwort erfahren kann - liegt sehr weit zurück, bis in die schottische Erzähltradition des 16. Jahrhunderts. Jedoch, bei allzu altertümlichen Ausdrücken, wie "Fretsche", wird die hochdeutsche Erklärung (Frosch) mit angegeben. Aussprüche wie "Ich kann Dir wohl Rat schaffen" müssen dagegen schon erklärt werden, was einem erwachsenen Vorleser sicherlich leichtfallen wird, macht dies doch den Zauber dieses alten Märchens aus. Wenn es nicht "garstiger Frosch" heißen würde, wäre es doch schade um den sprachlichen Zugewinn aus einer sehr alten Tradition der deutschen Sprache.
Fazit:
Die neue Bearbeitung des alten Märchens von der Buchkünstlerin Henriette Sauvant auf Basis der letzten Erzählfassung ist eine zeitlose und zudem noch in seinem Gewand außergewöhnliche Ausgabe. Die neuen Bilderwelten, die zum einen frisch und verzaubert wirken, aber auch in ihrer Bildsprache die Tradition der klassischen Märchen aufgreifen, transportieren die Geschichte auf eine Weise, die nicht viele Worte braucht, sondern ihre eigene Faszination schafft.
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