Papa, ich und der faltbare Parkplatz
- Kerle bei Herder
- Erschienen: April 2012
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[ab 5 Jahren]
Jeden Sonntag treffen sich Nikla und Papa am Strand. Während Nikla die verschiedensten Getränke mitbringt, steuert ihr Vater jedes Mal Brote mit ziemlich einfallsreichem Belag bei. Wenn sie so dasitzen, reicht schon der kleinste Anlass und sie erzählen sich gegenseitig die abenteuerlichsten Geschichten. Ob das alles wohl so wahr ist? Na klar!
Nikla bringt heißen Tee und Papa Nutellabrote mit - es können aber auch Quittensaft und Krabbenbrote sein, da sind die beiden sehr erfinderisch. Und besonders erfinderisch sind sie dabei, die alltäglichen Dinge, die sie in der vergangenen Woche erlebt haben, auf abenteuerliche Weise zu erklären oder auf die Spitze zu treiben.
Dabei beginnt ihre gemeinsame Zeit nach dem immer gleichen Sonntags-Ritual. Wie bei der Eröffnung eines Spiels nennt Papa den Brotbelag und Nikla das Getränk. Nur einmal fällt Papa ein wenig aus der Rolle, da sagt er zum Karottensaft "Iiiih!" - doch er wird gleich von Nikla ermahnt, denn wie man sich schon denken kann, ist auch der Karottensaft Teil einer Geschichte.
Nikla und Papa sitzen bei Wind und Wetter am Strand. Manchmal regnet es und sie müssen sogar in einem Spielplatzhäuschen Schutz suchen. Und weil selbst durch die Fenster noch der Regen hereinkommt, erzählt Nikla auch gleich warum das so ist. Wenn die Sonne scheint, beobachten die beiden den Horizont und die Eltern und Kinder auf dem Strandspielplatz. Die Schwäne, die sich am Strand tummeln spielen immer irgendwie eine Rolle, wie auch die Boote und Schiffe, die auf dem Meer fahren. Eines Tages scheint es sogar Marienkäfer zu regnen; ein willkommener Anlass für eine wirklich verwegene Geschichte, in der Papa behauptet, dass das Wetter von den Wetterstationen gemacht würde und es mal zu Programmierfehlern kommen könne. Dann habe es in England sogar Hunde und Katzen geregnet ... Nikla ist froh, dass es keine Elefanten regnet, denn die sind ja nun wirklich schwer mit dem Kescher aus dem Meer zu retten.
Diese Vorstellung, wie ein unglücklicher Elefant in einem Kescher sitzt, hat Elisabeth Bruder ziemlich treffend illustriert, wie sie auch alle anderen verrückten Geschichten in Szene gesetzt hat. Die kleinen, freigestellten Illustrationen in warmen, sanften Farben, leiten eine neue Geschichte ein, umgeben sie im weiteren Verlauf und wechseln sich mit teilweise ganzseitigen Illustrationen ab. Diese abwechslungsreiche Bebilderung mit ihren fröhlichen-frechen Darstellern und den vielen Details lockern das Buch auf angenehme Weise auf. So wird der Übergang vom reinen Bilderbuch zum Lesebuch mit mehr Text leicht gemacht.
Ähnlich wie "Schokolade am Meer", das im Jahr 2009 bei dem Verlag "Herder", der nun wieder "Kerle" heißt, erschien, (ebenfalls rezensiert auf der Kinderbuch-Couch: www.kinderbuch-couch.de/titel/949-schokolade-am-meer/) erzählt Antonia Michaelis von einem Zwiegespräch zwischen Tochter und Vater der besonderen Art. Schon in dem ersten Band entspinnen sich aus den unauffälligsten Alltagsdingen, die skurrilsten Geschichten. Wie auch bei seinem Vorgänger sind die Geschichten in "Papa, ich und der faltbare Parkplatz" absolut nicht vorhersagbar. Dabei taucht sie gemeinsam mit Protagonisten und Lesern ganz in die Geschichten ein. Nie werden sie jedoch als ein reines Fantasiegebilde entlarvt; Antonia Michaelis lässt ihre beiden Erzähler im anschließenden Gespräch den Faden stets weiterspinnen, bevor schon wieder ein neuer Sonntag beginnt.
Die 15 kurzen Geschichten, die sich auf maximal vier der sehr locker gestalteten Seiten erstrecken, eignen sich hervorragend als Gutenachtgeschichte, aber auch für unterwegs oder zwischendurch - und natürlich ganz besonders für Papas, die nicht so viel Zeit haben. Die Fantasiegeschichten werden in leichtem, lockerem Stil erzählt, so dass die gemeinsame Lektüre einfach gute Laune bereitet. Antonia Michaelis versteht es, witzige Pointen innerhalb der Geschichten zu setzen, über die man hinterher noch schmunzeln kann. Dabei weist selbst die wildeste Geschichte stets ihre ganz eigene Logik auf. Das ist für Kinder sehr wichtig, sie lieben es, mit diesen Möglichkeiten zu spielen und selbst kreativ zu werden.
Die Geschichten über Walrettungen auf dem Schulhof, von einem verwirrten Regen und von dem titelgebenden faltbaren Parkplatz mögen allesamt ziemlich verrückt sein, doch es entspricht ganz Antonia Michaelis, dass sie auch hier stets eine kleine Botschaft mit Hintersinn versteckt. Ebenso, wie sie Nikla als eine ganz und gar gleichberechtigte Geschichtenerzählerin auf Augenhöhe einsetzt. Auf diese Weise animiert sie die jungen Zuhörer, ihre Welt auch einmal mit anderen Augen zu betrachten.
Vielleicht passiert es ihnen dann auch, wie den beiden im Buch, dass eine Geschichte die Wahrnehmung im Alltag verändert und sie plötzlich über so manch Ärgerliches oder Lästiges schmunzeln können. Das Buch zeigt eindrucksvoll: Die Geschichten liegen auf der Straße, man muss nur hinschauen und sie einmal von einer anderen Seite betrachten. Und so ziehen sich auch im vorliegenden Buch mehrere Ideen durch die Geschichten, wie ein roter Faden - seien sie auch noch so haarsträubend. Wenn am Ende bei dem begeisterten Strandsammler Papa genau die Dinge wieder auftauchen, die in den Geschichten eine Rolle gespielt haben (wie zum Beispiel die Postkarte des Wals oder die des verwirrten Regens aus Bollywood), dann weiß man, dass genau das wieder passiert ist. Doch was bestimmt keine Geschichte ist, ist die Tatsache, dass die sonntäglichen Verabredungen am Strand von nun an ausfallen müssen. Und das nur, weil eine Frau im Spiel ist. Aber mehr wird jetzt nicht verraten...
Fazit:
Sprachverspielt und einfallsreich erfindet Antonia Michaelis in Ihrer Geschichtensammlung jedes Mal einen neuen kleinen Kosmos, den sie mit witzigen Details aus dem Alltag der Kinder bereichert. Daher sind die kurzen, locker gesetzten Geschichten bestens geeignet für Kinder ab fünf Jahren - und natürlich auch für ihre Papas.
Antonia Michaelis, Kerle bei Herder
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