Flora Fox und das verflixte Vorgestern

Wertung wird geladen
Kinderbuch Couch
81%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2012

Idee

Keine ganz neue Idee aber immer wieder spannend: Die Protagonistin verschlägt es in die Vergangenheit. Erst nachdem sie charakterlich gereift ist, kann sie in ihre eigene Zeit zurückkehren.

Bilder

kleine, kreisförmige s/w Illustrationen am Anfang jeden Kapitels zeigen inhaltliche Aspekte.

Text

Kate Saunders schafft es, sprachlich eine Brücke zwischen den beiden Epochen zu schlagen. Floras modernen, eher „schimpfwortbelasteten“ Wortschatz gleicht sie sukzessiv den Verhältnissen im Jahr 1935 an.

Die drei Mädchen hatten schon mehrere Sprüche aus dem uralten Zauberbuch ausprobiert. Aber dass ausgerechnet derjenige klappen sollte, der einen guten Geist aus der Zukunft herbeiholt, hätten sie nicht erwartet. Aber als in der nächsten Nacht ein neues Mädchen in das Zimmer der drei kommt, das seltsam spricht und von tragbaren Telefonen erzählt wird es zur Gewissheit. Wie sie die arme Flora jedoch wieder in ihre eigene Zeit zurückbringen können, steht leider nicht in dem Buch...

Als Floras Großmutter sich die Hüfte bricht, steht auch Floras Leben plötzlich Kopf. Ihre Eltern fahren für mehrere Monate nach Italien, um die alte Dame zu pflegen. Währenddessen soll in dem Haus der Familie Fox in England ein Apartment für die alte Dame umgebaut werden. Bei all dem soll Flora auch noch auf ein Internat abgeschoben werden, bis alles geregelt ist. Und das, obwohl Flora ihre Großmutter gar nicht leiden kann. Ihr kommt die Welt nur noch ungerecht und gemein vor.

Doch all diese Probleme sind plötzlich vergessen, als Flora auf ihrer Reise zum Internat im Zug einschläft und im Jahr 1935 wieder aufwacht. Schon an ihrer seltsamen Kleidung und dem äußerst altmodischen Automobil merkt sie, dass hier etwas nicht stimmt. Und schnell bekommt sie Gewissheit über ihren aktuellen Aufenthaltsort. Statt im hochmodernen und luxuriösen Internat "Penrice Hall" findet sich Flora im biederen Mädcheninternat "St. Winifred" in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder. Kein iPod, kein Laptop, kein Handy - und somit auch keinerlei Möglichkeit zu ihren Eltern Kontakt aufzunehmen.

Als sie im Internat angekommen, ihren neuen Zimmergenossinnen vorgestellt wird, stellt sich schnell heraus, wie und warum Flora hierher - in die Vergangenheit - gelangt ist: Pete (Daphne Peterson), Pogo (Cecilia Lawrence) und Dulcie Latimer haben in der vorangegangenen Nacht einen Herbeirufungszauber aus einem alten Zauberbuch ausprobiert und sind selbst ganz verblüfft, dass er funktioniert hat.

Nun muss Flora notgedrungen lernen mit der Neuen Situation umzugehen. Knapp achtzig Jahre in der Vergangenheit sieht der Alltag nämlich ganz anders aus. Sie muss sich das Fluchen abgewöhnen, weil es dafür viel Ärger gibt. Es gibt keine Dusche, nur zweimal die Woche wird sich mit sehr wenig Wasser und furchtbarer Seife gewaschen. Außerdem muss Flora aufpassen, dass sie sich selbst nicht als Zeitreisende verrät. Denn von einem zweiten Weltkrieg weiß im Jahr 1935 noch niemand etwas.

Und zusätzlich spielt in ihrem Kopf alles verrückt. Denn neben ihren realen Erinnerungen an ihre Eltern und das 21. Jahrhundert schwirren ihr immer wieder Erinnerungen einer anderen Flora im Kopf herum, die tatsächlich in der Vergangenheit lebt. Sie versucht jedoch, nach anfänglichen Schwierigkeiten, das Beste aus der Situation zu machen und mit ihren drei neuen Freundinnen Pete, Pogo und Dulcie einen Weg zurück in ihre eigene Epoche zu finden - wobei sie noch so einiges über die Magie des alten Zauberbuches lernen.

Kate Saunders´ "Flora Fox und das verflixte Vorgestern" ist eine Geschichte über Freundschaft, Magie und das Reisen in der Zeit, in der sich die Protagonistin in einem Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft befindet. Für Flora ist es manchmal gar nicht so leicht zu entscheiden, was nun Gegenwart ist und was Vergangenheit. Denn plötzlich ist für sie das Gestern zum Heute geworden, in dem sie sich nun zurechtfinden muss.

Die Autorin arbeitet sehr deutlich die innere Zerrissenheit heraus, in der sich Flora befindet. Denn obwohl sie in einer Welt modernster Technik aufwächst hat sie plötzlich Erinnerungen an eine Kindheit im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts. Zu Anfang ist sie mental noch völlig auf ihre eigene Zeit eingestellt, passt sich aber nach und nach immer besser den Gegebenheiten der damaligen Zeit an und fällt am Ende kaum noch unter ihren Klassenkameraden auf.

Kate Saunders zieht durch Floras Worte und Gedanken einen gelungenen und facettenreichen Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart, wodurch für junge Leser ein gutes Bild der damaligen Zeit erkennbar ist. Früher, so zeigt Saunders, sind Eigenschaften wie Zurückhaltung, Ordnung und anständiges Verhalten sehr wichtig. Die Kinder müssen oft alleine mit Problemen fertig werden. Scheidungen sind damals eher eine Seltenheit. Die heutige Zeit zeichnet sich natürlich durch die moderne technische Annehmlichkeiten aus aber auch durch ihre Schnelllebigkeit und Gefahrenquellen. Gefühle werden durch Gesten wie Berührungen und Umarmungen offen gezeigt und unterstrichen. Mit dieser Darstellung der verschiedenen Zeiten weckt die Autorin ein Interesse, sich selbst mit der eigenen Geschichte und Vergangenheit auseinanderzusetzen. Diese atmosphärische Schilderung ist im Deutschen sicherlich auch der gelungenen Übersetzung von Annette Hahn zu verdanken.

Im Verlauf der Erzählung kann man jedoch erkennen, dass die Unterschiede zwischen den beiden Zeiten doch gar nicht so groß sind. Denn auch unter anderen äußeren Umständen spielen auch in der Vergangenheit für Flora Freundschaften eine wichtige Rolle. Es geht um Freud und Leid, Streit, Intrigen und das Zusammenleben. Und in diesem ganzen Gefühlsdurcheinander macht Flora eine Persönlichkeitsveränderung durch. Zu Anfang ist sie noch das verwöhnte Einzelkind, das sich ein bisschen wie eine Prinzessin aufspielt. Später dann lernt sie sich unter verschiedenen Umständen selbst als hilfsbereite Freundin kennen, die ihre eigenen Ansprüche zu Gunsten anderer zurückstellt.

Zum Schluss der Erzählung schlägt Kate Saunders einen schönen Bogen zurück in die Gegenwart. Nachdem Flora ihre Aufgabe in der Vergangenheit erfüllt hat, landet sie wieder in ihrer eigenen Zeit. Dort findet sie ihre mittlerweile stark gealterten Freundinnen aus der Vergangenheit wieder und erlebt, dass Freundschaft etwas ist, das auch eine lange Trennung (zumindest für die drei anderen) und Generationsunterschiede überstehen kann. Und zu guter Letzt wartet noch eine Überraschung auf Flora, mit der sie nicht gerechnet hätte.

Fazit:

Mit Flora Fox nimmt uns Kate Saunders mit auf eine spannende Reise in die Vergangenheit. Eine Mischung aus Magie, Freundschaft und dem Spannungsfeld zweier so verschiedener Epochen, sorgen für abwechslungsreichen Lesespaß.

Anna Fleckenstein

 

Flora Fox und das verflixte Vorgestern

Kate Saunders, Fischer Schatzinsel

Flora Fox und das verflixte Vorgestern

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Flora Fox und das verflixte Vorgestern«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Lesen und Hören
mit System

Lesestifte und Audiosysteme für Kinder.
Der große Test.

mehr erfahren