Für Kinder, die sich die Welt der Schriftsprache erobern, ist das ABC an sich schon eine tolle Angelegenheit. Was genau meint Tom Schamp wohl damit, wenn er seines als "Das tollste ABC der Welt" bezeichnet? Die phantasievoll gestalteten Lettern auf dem Cover lassen es erahnen ...
64 Seiten angefüllt mit Buchstaben und die dazu passenden Sätze und Ausdrücke bietet das stabile Bilderbuch aus dem Carl Hanser Verlag. Jeder Buchstabe lädt Kinder und ihre Begleiter auf einer Doppelseite in seine phantastische Welt ein. So lernt man beispielsweise das "A" in Form des Eiffelturmes kennen - und hört, dass Anita schon vor dem Eintreffen von Alis Geburtstagsgesellschaft beim Apfelsinenkuchen und bei der Ananasbowle zulangt. Das "E" zeigt einerseits Tiere, die in Form eines E in einem Auto Platz genommen haben - und gleichsam finden hier englischsprachige Begriffe Anwendung wie etwa "English" und "engine". Den "ordentlichen Sprung" des Löwen Oskar kommentieren seine Zuschauer mit Ausrufen wie: "Olé! - Go! - und Oje!" Die Buchstaben werden nicht nur als Anlaute verwendet. Man findet sie zudem innerhalb der Begriffe und an deren Ende.
Die Sprachspielereien werden in Form von bunten Illustrationen umgesetzt, die Liebe zum Detail zeigen. Das Wortbild "Orangenhälfte" wird durch eine solche (auf einer Zitronenpresse Auto fahrend) dargestellt. Das Maul des vielleicht heldenhaften Oskars bildet passend zum Buchstaben ein "O". Das "W" wird abwechslungsreich umgesetzt durch Schlangen, Vögel und Drachen.
In der Tat ist es ein "tolles ABC", das sich Tom Schamp ausgedacht hat. Seine phantasievollen Illustrationen eignen sich hervorragend für die Zielgruppe von Kindern von vier bis sechs Jahren. Die sprachlichen Wendungen allerdings sind für Kinder dieses Alters, die eine normale Sprachentwicklung durchlaufen, an vielen Stellen zu anspruchsvoll. Formulierungen wie beispielsweise: "Veni, Vidi, Vicky!" - "lebensbejahend" - "monumental" - "Quote" - "Opfermut" - und "Vorvergangenheit" entsprechen weder ihrem Wortschatz noch werden sie aufgrund des mangelnden Lebensbezugs bedeutsam.
Es sind vielmehr Kinder ab der ersten, eher aber ab der zweiten Grundschulklasse, mit denen man gemeinsam auf Abenteuerreise durch das ABC gehen sollte. Ob man in einem ansonsten sehr niveauvollen und intelligenten Werk unter dem Buchstaben "K" den Ausdruck "Kacke" aufnehmen muss, bleibt zwar dahingestellt. Dennoch vermag das kunterbunte, verwegene Bilderbuch Kinder dieser Altersstufe zu packen. Das ein oder andere Wort findet gewiss Platz in ihrem Wortschatz. "Das tollste ABC der Welt" leistet hier einen wichtigen Beitrag, die Freude am Spiel mit der Sprache zu vermitteln - und fördert gleichsam die phonologische Bewusstheit, indem die Buchstaben an sämtlichen Stellen im Wort dargestellt werden.
Fazit:
Von wenigen kleinen Schnitzern abgesehen, bietet das (farben-) frohe Bilderbuch von Tom Schamp in der Übersetzung von Harry Rowohlt einen facettenreichen Sprachschatz. Dieser ist allerdings nur für einige Kinder der vom Verlag genannten Zielgruppe - nämlich ab vier Jahren - zugänglich. Viel mehr Freude macht es, mit Grundschulkindern in dem Buch zu entdecken, zu schmökern und weiterzuspinnen.
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