Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hatte

  • Boje
  • Erschienen: März 2012
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2012

Idee

Henne vergisst ihr Ei, dieses schlüpft und macht sich auf die Suche nach der Mutter; Assoziation sehr gelungen, da die Vergleiche sehr treffend gewählt wurden

Bilder

Künstlerische Illustrationen die etwas anders sind, jedoch sehr kreativ und auffallend. Szenen werden gut in visualisiert.

Text

Die Wortwahl passt sich natürlich der Zielgruppe an. Das Geschehen ist lebendig erzählt und ermöglicht es den Kindern, Empathie zu entwickeln. Übersetzt von Mirjam Pressler

Was passiert, wenn das Huhn ihr Ei einer "Leihmutter" gibt?! Das geschlüpfte Küken weiß nicht wohin es gehört, bis es die Mutter wieder findet.

Das vorrangige Thema von Sylvia Weves kurzweiliger Verwechslungs-Geschichte ist die Beziehung zwischen Mutter und Kind: Das Huhn hat sein allererstes Ei gelegt. Aufgeregt vertraut es das Ei zuerst dem Schwein an, da das Huhn dem Hahn schnell Bescheid sagen will, dass es ein Ei bekommen hat.

Das Schwein kümmert sich auch sorgsam um das Ei, weiß jedoch nach einigen Stunden nichts mehr damit anzufangen. Somit kommt das Schaf sehr gelegen. Doch auch dessen Verantwortungsgefühl schwindet schon bald, so dass die Schnecke die Aufgabe übernimmt. Nun schlüpft aus dem Ei ein Küken und freut sich riesig die Mutter in Gestalt der verdutzten Schnecke gefunden zu haben. Doch die ist natürlich der Meinung, dass wohl das Schaf die richtige Mutter sein muss.

Beim Schaf angekommen, stellt es richtigerweise fest, dass das Küken zwei Beine hat, ein Schaf jedoch vier. Also geht die Suche weiter - zurück zum Schwein. Doch das Schwein, das sehr wohl erinnert wohin das Küken gehört, verliert das Küken, als es vor lauter Aufregung zum Huhn läuft.

Das Huhn ist nun ganz außer sich, da es das Küken bzw. das Ei vergessen hatte und das Schwein ist untröstlich, weil es das Küken unterwegs verloren hat. So begibt sich die Mutter auf die Suche nach ihrem Kind und findet es auch. Überglücklich über die Familienzusammenführung fragt sich am Ende das Schwein, was denn nun eigentlich mit dem Ei passiert sein mag?!

Was mir sofort beim ersten Lesen dieses originellen Bilderbuches von Autorin und Illustratorin Sylvia Weve in den Sinn gekommen ist, scheint auf den ersten Blick vielleicht ein wenig abwegig - und dennoch gibt es ziemlich viele Parallelen zu der Situation vieler Kinder in einer Pflegefamilie. Konkret meine ich, dass das Buch besonders für Kinder, die kurzweilig in eine Pflegefamilie untergebracht werden müssen, geeignet ist. Es zeigt auf, dass trotz der unterschiedlichen Begegnungen, letztendlich die Muttergefühle bzw. die Verbundenheit von Mutter und Kind untrennbar sind. Die beruhigende Botschaft dieses liebenswerten Bilderbuches: Ein Kind ist in der großen weiten Welt nicht verloren, da es eine Mutter geben wird, die sich sorgt und die fühlt, dass es da ist.

Die Assoziation von "Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hat" ist dabei mit der Wahl der Hauptrollen - also von Huhn und Küken - sehr treffend gewählt. Das Ei ist symbolisch für das Baby, das sich nicht erinnern kann. Wenn es also weggegeben wird, ist die Erinnerung an die Mutter sehr gering, eigentlich fast gar nicht vorhanden. Wenn es dann größer wird, so wie das Küken, kommen die ersten Fragen: woher komme ich? Zum wem gehöre ich? Diese Möglichkeiten werden dann sehr passend in Form der verschiedenen Tiere dargestellt. Bin ich wie ein Schaf oder wie ein Schwein? Aber eigentlich ist meine erste Erinnerung an eine Mutter eine Schnecke...

Die Enttäuschungen, die das Küken bei seiner Suche erleben muss, sind sehr deutlich erkennbar. Die Vorfreude, die richtige Mutter gefunden zu haben und der anschließende Rückschlag, dass es doch nicht die Richtige war, führen zunehmend zu einer Resignation. Diese endet dann darin, als das Küken vom Schwein fällt, alleine in der weiten Welt ist und nicht weiß wohin. Doch es gibt für die kleinen Leser eine tröstliche Wendung: die Mutter weiß um ihr Kind und begibt sich auf die Suche nach ihm. Bis es schließlich gefunden wird. Ein versöhnliches Happy End, das auch Kindern, die nicht in der von mir assoziierten Situation leben, zeigt, dass sie ganz fest zu ihrer Mutter gehören und sich auf diese Bindung verlassen können. Vor allem erzählt Sylvia Wevers nämlich sehr humorvoll und einfallsreich, so dass "Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hatte" ein durchweg unterhaltsames Bilderbuch ist. Also genau das auslöst, was ein gutes Bilderbuch leisten sollte, nämlich, einen lockeren, ungezwungenen Gesprächsanlass zu ermöglichen.

Die großflächigen Illustrationen von Sylvia Weve wirken dabei sehr frisch und eigenständig. Auf reduzierte Weise werden vorrangig die Tiere in groben, fedrigen Pinselstrichen dargestellt und mit schwarzen Konturen kenntlich gemacht. Das Zusammenspiel der Farben ist markant und zugleich, aufgrund des großflächigen Einsatzes, beruhigend. Damit bietet Sylvia Weve viel Raum für die eigene Fantasie und lässt dennoch durch die schlichten Elemente klar erkennen, um welches Tier es sich handelt.

Die Anordnung der einzelnen Szenen ist meist in derselben Perspektive vorgenommen. So steht das Tier auf dem Boden, im Hintergrund ist wenig bzw. gar kein Geschehen zu erkennen, sodass das Hauptaugenmerk ganz klar auf das Tier gelegt wird.

Der von Mirjam Pressler übersetzte Text ist in seinem Ausdruck durchgängig kindgerecht. Die Wortwahl passt sich ganz natürlich an die Zielgruppe an und vermittelt unterschwellig die Gefühle des Kükens, der Henne und der anderen Tiere. Das Geschehen ist lebendig erzählt und ermöglicht es den Kindern, eine Empathie zu dem Küken zu entwickeln.

Da die Thematik für Kinder in Pflegefamilien sehr grundlegend ist, möchte ich an dieser Stelle eine entsprechende Begleitung durch Pädagogen oder Eltern empfehlen.

Fazit:

"Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hatte" ist eine - im übertragenen Sinne - sehr reale Geschichte über die Suche nach der Mutter, die von Sylvia Weve sowohl in illustratorischer als auch dramaturgischer Form sehr gut umgesetzt wurde.

Eva Wimmer

 

Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hatte

Sylvia Weve, Boje

Wie das Huhn beinahe vergaß, dass es ein Ei gelegt hatte

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