Der Bus von Rosa Parks
- Jacoby & Stuart
- Erschienen: Januar 2012
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Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Kinderbuch des Monas [01.2012]. Civil Rights Movement - ein komplexes Thema den Kindern erklärt? Ganz so einfach machen es sich Fabrizio Silei und Maurizio Quarello nicht. Mithilfe einer einfühlsam erzählten Geschichte, glaubhaft geschilderter Identifikationsfiguren und der an die Werke von Edward Hopper erinnernden Illustrationen sensibilisieren sie ihre LeserInnen für ein vielschichtiges Thema.
Bens Großvater möchte seinem Enkelsohn "etwas zeigen". Etwas ganz Besonderes. Dafür macht er sich mit Ben auf den Weg nach Detroit. Doch, als er dem Jungen im Henry Ford Museum einen alten Bus zeigt, ist dieser enttäuscht. Wegen eines alten Busses hat der Großvater ihn nach Detroit gebracht? Dann allerdings beginnt der alte Mann damit, eine Geschichte zu erzählen: die packende Geschichte von Rosa Parks, die sich 1955 in einem Bus geweigert hat, ihren Sitzplatz einem Weißen zur Verfügung zu stellen und mit diesem Handeln einiges riskiert hat. Und er erzählt von seinen eigenen Gefühlen - von damals und heute. Dem Jungen wird klar: "Also helfen Muskeln und Kraft nicht weiter. (...) Was am meisten hilft, ist, die eigene Angst zu überwinden und zu wissen, dass man im Recht ist."
Die Geschichte von Rosa Parks Tat im Bus wird auf 40 Seiten erzählt. Es ist eine stille und gleichsam sehr emotionsreiche Geschichte, die nur andeuten kann, was diese Tat in den fünfziger Jahren in den USA bewirkt hat. Kinder ab acht Jahren finden in dem Jungen Ben eine sehr authentische Identifikationsfigur. Sein Großvater hat ihm schon lange versprochen, ihm etwas Besonderes zu zeigen. Was stellt ein Junge dieses Alters sich darunter wohl vor? Umso verständlicher ist die Enttäuschung, die Ben zum Ausdruck bringt, als der Großvater ihm einen alten Bus zeigt. Doch dann erzählt der alte Mann eine packende Geschichte. Die Geschichte von einer Frau, die sich sicher ist, im Recht zu sein. Er erzählt vom Unrecht, das den Schwarzen damals geschah. Während dieser Geschichte, die in ihrer Sprache ausdrucksstark und einfühlsam ist, gibt der Großvater seinen Zuhörern immer wieder Einblick in seine Gefühle. Er fühlte sich damals "klein", war "bestürzt" und "schämte sich". Ausdruck findet die Geschichte neben einer mit zahlreichen Adjektiven versehenen Sprache in ihren großartigen und für sich sprechenden Illustrationen. Diese erinnern an die Bilder Edward Hoppers. Die Rahmenhandlung des Museumsbesuches von Ben und seinem Großvater wird mithilfe farbiger Bilder erzählt. Die Geschehnisse aus den fünfziger Jahren finden Ausdruck in schwarz-weißen bzw. in grau gehaltenen Illustrationen. An der Stelle, die die Augen von Rosa Parks zeigt, sollten die Kinder nach der Textstelle: "Unter dem Blick dieser zarten und entschlossenen Frau fühlte ich mich auf einmal ganz klein." die Möglichkeit erhalten, sich spontan zu äußern. Fällt es ihnen schwer, so regen Impulse an, sich in die Situation einzufühlen: "Wie fühlst Du Dich unter dem Blick dieser Frau? - Was sagen Dir diese Augen? - Was meinst Du, wie wird die Geschichte wohl weitergehen?"
Die Geschichte von Rosa Parks kann die Komplexität des Themas nur andeuten und greift nur punktuell auf, was während des Civil Rights Movements geschah. Dies ist in Anbetracht des Alters der kleinen ZuhörerInnen ab acht Jahren sehr empfindsam und richtig. Text und Bilder gehen behutsam mit ihrem Publikum um, das sich nach der Lektüre gemeinsam mit Eltern oder der Lehrkraft über die Geschehnisse weitergehend informieren kann. So etwa unter Aufsicht im Internet oder aber in Lexika. Wer war Rosa Parks? Wer war Martin Luther King, von dem in dem Bilderbuch auch kurz erzählt wird? Und um welchen Mann handelt es sich wohl, dessen Foto auf der ersten Seite der Zeitung zu sehen ist?
Und nicht nur das: Auch in Bezug auf das eigene Leben im Hier und Jetzt wird Rosa Parks für die kleinen und großen Zuhörer zum Vorbild.
Fazit:
"Der Bus von Rosa Parks" erzählt einfühlsam von einer mutigen Frau, die ihr Recht entschlossen einforderte. Dies kann auf 40 Bilderbuchseiten nur ansatzweise erfolgen - und dennoch lässt die Geschichte nicht los. Das, was hier nicht erzählt wird, möchten Leser ab acht Jahren ganz gewiss noch erfahren. Und diese Chance haben sie selbst, zu dem Zeitpunkt und in dem Umfang, wie sie es selbst passend finden.
Fabrizio Silei, Jacoby & Stuart
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