Für den ungarischen Hütehund Anton ist das Leben mit seiner Familie nicht immer leicht - aber er will sich ja nicht beklagen, immerhin hat er es ja ganz gut getroffen...
Anton lebt mit Friedbert, der nicht viel von Hütehunden versteht, Emily, die er bestens im Griff hat, und seinem Augenstern, der kleinen Tochter der beiden, unter einem Dach. Leider gehört auch eine Katze dazu. Und die macht Anton das Leben nicht gerade leichter. Denn, was hat bitteschön eine Katze auf dem gemütlichen Sessel zu suchen oder auf der sonnigen Gartenbank vor dem Haus?
Anton darf nicht mit den Menschen in einem Zimmer schlafen, obwohl er sie doch vor den Schakalen beschützen muss, die nachts kommen könnten. Stattdessen muss er in dem unbequemen Hundekorb im Flur schlafen. Dass diese Dinger so unbequem sind, weiß wohl kaum ein Hundebesitzer, es erklärt jedoch, warum so viele Hunde das "Körbchen" zerlegen - so wie auch Anton.
Die Familie glaubt schon seit längerem, das heißt Friedbert und Emiliy, dass Anton nicht gut erzogen ist. Nachdem eines Tages durch ein Missverständnis ein heilloses Chaos entsteht und Anton später noch die besten Schuhe von Emily zerkaut, sind seine Besitzer entschlossen, Anton zur Hundeschule zu bringen. Zunächst ist Anton sehr unglücklich darüber; doch dann zeigt sich, dass Anton ein sehr begabter Hund ist, der gerne arbeitet. Er tut seiner Familie ja gern den Gefallen.
Doch was in Anton wirklich steckt, das zeigt er auf einem Spaziergang durch Schnee und Eis. Und das wird ihm seine Familie nie vergessen.
Humorvoll und auf eine zurückhaltende Weise anrührend erzählt Jutta Richter eine Hundegeschichte der besonderen Art, die ganz aus Sicht des Vierbeiners geschildert wird. Dabei gelingt es ihr auf wohltuende Weise geradlinig und frei von emotionalisierten Schilderungen zu erzählen - und genau diese Art zu erzählen, macht Anton so glaubwürdig. Auf hundeart sachlich und in knappen, oft pointierten Sätzen, kommt Anton unumwunden auf den Punkt. Und Hundebesitzer müssen eingestehen, dass er dabei den Nagel so manches Mal auf den Kopf trifft.
Vieles an der Geschichte erklärt, warum Hunde so und nicht anders ticken. Ihre Welt - Antons Welt - besteht nun mal aus Zackelschafen die gehütet werden und Schakalen oder Wildkatzen, die in die Flucht geschlagen werden müssen. Anton muss seine Herde beschützen, dass er da manchmal über das Ziel hinausschießt, das sollten seine Menschen doch verstehen. Dabei liest sich seine Abneigung gegenüber Katzen ebenso erfrischend, wie seine bedingungslose Zuneigung zu dem Kind rührend ist. In Jutta Richters Erzählung spürt man in den kurzen, knappen Textpassagen Antons Verwunderung über die menschlichen Verhaltensweisen und seine tiefe Loyalität zu diesen unverständlichen Wesen, eine Kleine natürlich ausgenommen, noch dazu da sie ganz wunderbar riecht. Und da ist auch das eine Mal, als Anton seinen Beschützerinstinkt und die Fähigkeiten eines Hütehundes mit Bravour unter Beweis stellt - für Anton keine große Sache und er findet, dass die Menschen in ihrer Begeisterung darüber auch gleich wieder übertreiben.
Bei Antons Betrachtungen der unverständigen Menschen und anderer "hunde-unlogischen" Gegebenheiten, in die er sich meist in seiner liebenswerten Art fügt, zitiert er immer wieder seinen Onkel Ferenc. Dem ungarischen Hütehund, der schon so viel erlebt hat und Anton alles beigebracht hat, was ein guter Hütehund wissen muss, verdankt Anton viel. Doch erst am Ende der Geschichte erfahren wir von Friedbert, welche Rolle dieser Onkel Ferenc wirklich für Anton gespielt hat. Ein anrührendes Ende, weil es so wenige Worte macht und doch alles sagt. Wenn man schließlich im Schlusswort liest, dass es Anton wirklich gibt und er jetzt auf einem Wasserschloss im Münsterland ein gutes Zuhause gefunden hat, dann versteht man die Herzlichkeit, mit der Jutta Richter ihrem Hund Anton ihre Stimme geschenkt hat.
Die knappen Sätze sind gerade für Kinder ab acht Jahren bestens geeignet und garantieren schnelle Leseerfolge, die auch durch die kurzen Kapitel entstehen. Jedes ist eine in sich abgeschlossene Geschichte, die aber in ihrer Gesamtheit Antons Entwicklungsgeschichte innerhalb der Familie erzählt. Mit den humorvollen s/w Zeichnungen von Hildegard Müller, wird das Buch bestens begleitet. Mit nur wenigen Strichen gelingt es Hildegard Müller diesem zotteligen Hund Leben einzuhauchen und selbst seinen Verdruss unter seinem langen Fell sichtbar zu machen.
Fazit:
Hütehund Anton erzählt seine Geschichten und vergisst ganz, die ganz wichtige Geschichte in seinem Leben zu erzählen. Das übernehmen hier die Menschen. Und da Anton ganz im Hier und Jetzt lebt, erfahren wir, was er über Katzen denkt, über das Felltrocknen im Flur, über Schweinslederschuhe und über seinen Augenstern, die Kleine, die ihn immer versteht. Ein Buch, das auch erwachsene Hundeliebhaber sehr erfreuen dürfte und Kindern, die Hunde mögen, einen wunderschönen Einblick in die Hundeseele beschert.
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