Das Geheimnis des Raben
- Fischer Schatzinsel
- Erschienen: November 2011
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"Endlich!", denkt Fritzi, wird sie ihrer Mutter zum ersten Mal begegnen. Nach langer Suche ist sie im französischen Künstlerhotel in Paris angekommen. Doch im Zimmer mit der Nummer 12 findet sie nur eine weitere Kopie des Gemäldes "Hotelflur" mit dem geheimnisvollen Raben in der Ecke. Und dann taucht auch noch der gemeine Kunstfälscher Kleibich auf und bedroht Fritzi und ihre Freunde...
Fritzi Krüger lebt mit ihrem Vater Kalli in Frankfurt am Main. Ihre Mutter Sally hat Fritzi nie kennengelernt, weil diese die Familie auf mysteriöse Weise urplötzlich verlassen hat, als Fritzi noch ein Baby war. Ihr Vater möchte über diesen Vorfall nicht sprechen und wird wortkarg wenn es um Sally geht. Aber eigentlich macht das Fritzi nichts aus, denn mit Kalli kommt sie prima klar, er ist Anwalt und ein super Hobbykoch.
Ihre Freizeit verbringt Fritzi meist mit ihrer besten Freundin Klara oder als Gitarristin in der Schulband 4ever. Da sie schon bald elf Jahre alt wird und ihre Bandkollegen alle etwas älter sind als sie, braucht Fritzi nun unbedingt eine E-Gitarre, weil die alte Akustikgitarre nur etwas für Babys ist. Leider sieht das Kalli nicht so und weigert sich ihr das Instrument zum Geburtstag zu schenken. Aber da hat Klara eine tolle Idee: Die Zeitung veranstaltet einen Krimiwettbewerb bei dem der Sieger ein Preisgeld von 500€ gewinnt. Die Aufgabe lautet eine Kriminalgeschichte zu einem der Bilder des Frankfurter Städelmuseums zu verfassen.
Die beiden Freundinnen machen sich also auf ins Museum und entdecken sogleich in jedem der berühmten Gemälde einen brutalen Mord, ob nun bei Rembrandt, Munch oder Chardin. Letztendlich wählt Fritzi das Bild "Hotelflur" von Auguste Chabaud. Es zeigt einen in rot und schwarz gehaltenen Hotelflur mit zwei Zimmertüren und einem Teil der Treppe ins nächste Stockwerk. Auf der letzten Sichtbaren Treppenstufe erhascht man gerade noch den Blick auf einen nach oben verschwindenden Schuh. Bald ist Fritzis Geschichte fertig und die beiden Mädchen sind sich einig, dass sie den ersten Platz verdient.
Tatsächlich wird die Geschichte von der Zeitung mit dem Preisgeld ausgezeichnet. Leider geht Fritzi trotzdem leer aus: Babs, ein hochnäsiges Püppchen und noch dazu Fritzis größte Feindin, hat heimlich ihren Krimi kopiert und zuerst an die Redaktion der Zeitung geschickt. Jetzt bekommt Fritzi nicht nur kein Geld, sondern steht auch noch als Betrügerin da. Und wie zu erwarten war bekommt sie auch von ihrem Vater keine elektrische Gitarre zum Geburtstag. Der Tag wäre völlig gelaufen, wenn da nicht plötzlich in ihrem Zimmer ein Geburtstagspäckchen von Sally stehen würde. Fritzi ist völlig überrascht und weiß zunächst mit dem geheimnisvollen Inhalt des Geschenkes nichts anzufangen: Ein rotes Kleid, ein kleiner Gummirabe, ein Foto von ihr und Sally vor zehn Jahren, ein Foto vom "Hotelflur" und ein Brief von Sally, der davon erzählt das damals etwas Schlimmes passiert sei.
Gemeinsam mit Klara und Bruno, einem ihrer Bandkollegen, versucht Fritzi nun auf eigene Faust mehr über ihre Mutter herauszufinden. Zunächst wollen Fritzi und Klara sich das Bild noch einmal genauer ansehen, doch es ist vorübergehend beim Restaurator Kleibich. Als es einige Tage später wieder an seinem Platz hängt stellen die beiden Mädchen fest, dass sich eine Kleinigkeit verändert hat: Der Schlüsselanhänger des Zimmers mit der Nr. 12, der zuvor gelblich war, ist nun weiß. Die drei Kinder nehmen nun Herrn Kleibich genauer unter die Lupe und stellen fest, dass bei ihm einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Außerdem findet Fritzi heraus, was es mit dem Raben auf sich hat. Im Schreibtisch ihres Vaters findet sie eine Hochzeitseinladung zur Hochzeit von Kalli Krüger und Sally Rabe, die nie stattfand. Rabe ist also der Nachname ihrer Mutter.
Mit Hilfe von Brunos Internetrecherchen stoßen sie so auf einen Kunstfälscherskandal. Die Fährte führt sie schließlich nach Paris, wo Fritzi hofft, endlich ihre Mutter zu treffen. Doch jemand ganz anderer wartet in dem Hotel, das Auguste Chabaud einst zeichnete...
"Das Geheimnis des Raben" ist ein spannender Kunstkrimi der in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Städelmuseum entstanden ist. Die Autorin Karin Hagemann schafft es das Thema Kunst, obwohl es fast allgegenwärtig ist, nicht als doktrinartigen Lehrstoff zu präsentieren, sondern es geschickt nebenbei in die Handlung einzuweben. Auf Grund der spannenden Geschichte kommt der Leser über mehrere Kanäle immer wieder mit der Kunst in Berührung: Um Sally ausfindig zu machen und den Kunstfälscherskandal aufzudecken, müssen sich die Kinder viele Informationen rund um das Bild "Hotelflur" besorgen. So erfahren sie einiges über den Künstler Auguste Chabaud, das Restaurationshandwerk und wie man ein Bild auf Echtheit überprüft oder den Wert von Gemälden feststellt. Außerdem erfährt speziell Fritzi mit ihrem selbstgeschriebenen Kunstkrimi, dass hinter jedem Bild eine Geschichte stecken kann, man muss sie nur finden. Auf diese Weise weckt Karin Hagemann schon bei jungen Lesern eine Begeisterung für Kunst: Man bekommt selbst Lust einmal das Städel zu besuchen, den Hotelflur zu besichtigen und weitere Geschichten hinter den Bildern zu entdecken.
Insgesamt steht dabei der "Hotelflur" und seinen Maler Auguste Chabaud im Fokus. Man erfährt viel über den Lebensstil, die Vorlieben und die Weltsicht Chabauds und die Person, die hinter dem Bild steckt. Außerdem lernt man die Entstehungsgeschichte und den Ort des Gemäldes kennen, vor allem weil Fritzi und ihre Freunde das französische Künstlerhotel, das Vorlage für den Hotelflur war, besuchen. Schade ist nur, dass andere Künstler und Kunstwerke, die Fritzi und Klara bei ihrem Museumsbesuch wahrnehmen, nur sehr kurz angerissen werden, und man kein Bild vor Augen hat, wenn man diese nicht kennt. Und auch die kleinen skizzenhaften Zeichnungen zu Beginn eines jeden Kapitels sind zwar kindgerecht, weisen aber keinen besonderen künstlerischen Wert auf. Hier wären Abbildungen von Kunstwerken des Städelmuseums sicher passender gewesen.
Die Geschichte selbst ist sehr spannend geschrieben, weil nur immer gerade so viel von den Geheimnissen um Sally und den Kunstskandal verraten wird, dass man nur noch neugieriger wird. Durch spannende Wendungen in der Handlung, nächtliche Erkundungsmissionen und gefährliche Situationen mit dem Kunstfälscher Kleibisch wird ein andauernder Spannungsbogen erzeugt, der noch auf den letzten Seiten für Überraschungen sorgt. Auch die charakterstarken und selbstbewussten Persönlichkeiten der drei Hauptfiguren tragen zum Gelingen der fesselnden Handlung bei. Fritzi zum Beispiel lässt sich trotz des herben Rückschlags bei dem Zeitungswettbewerb oder der scheinbar kriminellen Vergangenheit ihrer Mutter nicht verunsichern. Gemeinsam mit ihren Freunden stellt sie sich selbst der gefährlichen Aufgabe, den Fall um Sally Rabe und Herrn Kleibich zu lösen und wird dabei so manches Mal von den Erwachsenen unterschätzt.
Entsprechend der Zielgruppe und den Protagonisten ist der Sprachstil in "das Geheimnis des Raben" sehr jung und modern gehalten. Im Alter zwischen Kindheit und Adoleszenz bedienen sich Fritzi und Co. oft englischsprachiger Worte und der Jugendsprache. Auch Chatsprache findet man in E-Mail und Handynachrichten, wie etwa LG (Liebe Grüße), BGD (Bin gleich da) oder HAND (Have a nice day) - alle werden jedoch direkt "übersetzt". Außerdem bedienen sich Fritzi, Klara und Bruno jeglicher moderner Medien: Jeder der drei hat Zugriff auf einen Computer und ein Handy, nutzen verschiedene Internetplattformen wie ein Jugendnetzwerk oder Google-Maps und sind auch auf ihrer Fahrt nach Paris im Zug online. Passend zu moderner Sprache und Inhalten ist "das Geheimnis des Raben" auch als E-Book erhältlich.
Fazit:
Das Geheimnis des Raben ist nicht nur ein Kinderkrimi der anhaltende Spannung verspricht, sondern er bietet jungen Lesern ab 10 auch einen leichten Zugang zur Kunst. Mit lebhaften Figuren und modernen Sprachelementen schafft Karin Hagemann eine jugendliche Atmosphäre mit Pfiff.
Karin Hagemann, Fischer Schatzinsel
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