Die Schafgäääng - Im Auftrag des Widders
- Thienemann
- Erschienen: September 2011
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Das hätten sich Todd und seine Uroma Ida sicher nie träumen lassen: Da sitzen sie in einem Hubschrauber und suchen ihre fünf geliebten Rasseschafe; das Bankkonto ist leer und zwei Ganoven im gelben Sportwagen sind auf und davon mit all ihren Ersparnissen. Im Fernsehen wird sogar berichtet, dass die Schafe von Außerirdischen entführt wurden. Und die Schafe selbst? Schippern, Fahren und fliegen durch ganz England, um die Welt zu retten.
An einem schönen sonnigen Tag auf der Weide des verschlafenen Eppingham startet die wohl verrückteste Verfolgungsjagd aller Zeiten, als plötzlich ein silberner Gegenstand vom Himmel fällt, direkt auf den Kopf von Rasseschaf Sally. Den lieben langen Tag ist sie damit beschäftigt, die Ballade vom Vlies (Wolle), mit der Prophezeiung des göttlichen, goldgehörnten Widders Lord Ariel, rauf und runter zu singen; vorausgesetzt sie isst nicht gerade oder käut aus einem ihrer vier Mägen wider. Sofort ist ihr klar, dass es sich bei dem Gegenstand um den sagenumwobenen "Mähteroit" handeln muss, der Lord Ariel seine Kraft verleiht. Auch die anderen vier Schafe auf der Weide sind sofort ihrer Meinung: Der kleine, quirlige Will, der die Menschen versteht und lesen kann, der langwollige und gelockte Linx, der immer einen flotten Rap auf den Lippen hat, der dicke Widder Oxo, der nie eine Mahlzeit vergisst und die gefleckte Jasmine, die ihre Hufe mit Lehm lackiert und am liebsten mit den neuesten Trends der Schafwelt geht. Gemeinsam gründen sie die Eppingham-Gäng und machen sich daran, den Mähteroit in den hohen Norden zurück zu Lord Ariel zu bringen.
Leider ist der Mähteroit nichts anderes als ein ganz gewöhnliches Handy, das zwei Gaunern aus einem goldenen Heißlustballon gefallen ist. Darauf befindet sich das Beweismaterial eines großen Bankbetrugs. Mit ihrem gelben Sportwagen starten Neil und Luke die Verfolgung der Schafe.
Zur gleichen Zeit beobachtet der etwas einfach gestrickte Tony Maxwell das Geschehen und zieht seine ganz eigenen Schlüsse aus der Situation. Er wird nämlich von einer Reflektion auf dem goldenen Ballon geblendet und sieht nicht, wie die Schafe die Wiese verlassen. Er ist sich sicher, dass die Schafe von Außerirdischen entführt wurden und berichtet dies dem lokalen Fernsehsender. Nun hat auch die Presse ein Interesse an den fünf Rasseschafen.
Und zu guter Letzt erfahren durch den Fernsehbericht auch noch Todd und seine Urgroßmutter Ida, denen die Schafe gehören, von ihrem Verlust und heften sich ebenfalls an die Fersen ihrer wolligen Freunde.
Von all dem erfährt die Eppingham-Gäng zunächst gar nichts. Sie beschließen kurz nach ihrem Aufbruch gen Norden erst einmal einen kleinen Snack auf einem Kohlacker einzunehmen, denn ohne vernünftige Stärkung können auch Kriegerschafe nichts gegen den bösen Lambad, den Widersacher von Lord Ariel, ausrichten. Nach der Nahrungsaufnahme gelangen die Schafe mit Hilfe eines Lasters nach London, um dort sowohl mit der U-Bahn als auch dem London-Eye zu fahren. Dort erhält Jasmin auch endlich eine modische Plastiktütenhandtasche mit der sie den Mähteroiten nun stolz um den Hals trägt. Im London Eye kommt es dann zu einer ersten Auseinandersetzung mit den beiden Gaunern, die die Schafe jedoch mit einer gezielten Methangasattacke abwehren können. Weiter geht es mit dem Schiff, dem Flugzeug und der Bahn Richtung Norden, immer dicht gefolgt von Neil und Luke, Tony Maxwell, der Reporterin Nisha Patel und Todd und Ida.
Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen, denen die Eppingham-Gäng jedoch mit ihrer besonderen Schafdenkweise entkommen können. Doch kurz vor ihrem Ziel, in den nördlichen Bergen werden die Schafe von einem Schneesturm überrascht und stecken bis über die Hörner im Schnee fest. Ob das ganze Unterfangen hier ein jähes Ende finden und Lambad doch die Oberhand gewinnen wird? Es bleibt spannend...
Mit der Schafgäääng haben Christine und Christopher Russel ihr erstes gemeinsames Werk veröffentlicht. Mit viel Liebe zum Detail und Kreativität entwickeln sie ein eigenes, kleines Schafuniversum, welches sie in der Menschenwelt verankern; mit eigenen Rieten, sozialen Gepflogenheiten und sogar einer eigenen Schafreligion. So verehren die fünf Rasseschafe ihren großen Widder wie einen Gott und warten auf die Erfüllung der Prophezeiung der Ballade vom Vlies, oder sie bekräftigen gute Leistungen etwa durch das dem "High Five" nachempfundene "High Huf". Besonders skurril wird der Schafwahnsinn dadurch, dass es für einige Menschen scheinbar selbstverständlich ist, dass fünf Schafe fröhlich durch London trotten, U-Bahn fahren oder im London Eye Sightseeing betreiben. Andere vermuten hingegen, dass die Tiere von den Außerirdischen, die sie entführt haben sollen, kontrolliert werden, weil sie einem Jungen vor einem herannahenden Zug retten.
Ein großes Highlight des wolligen Spektakels ist vor allem die Denk- und Sichtweise, die die Schafe auf die Menschenwelt haben. Inmitten ihres kleinen Universums deuten sie ihre Umgebung, wie sie ihnen gefällt beziehungsweise wie es in ihr doch eher beschränktes Weltbild passt. So wird aus einem gewöhnlichen Handy ein "Mähteroit" und sein Klingeln der Ruf des großen Ariel. Oder sie missverstehen ein Schild in der U-Bahn, das besagt "Hunde müssen auf der Rolltreppe getragen werden". Will wundert sich, wo sie nun fünf Hunde herbekommen sollen, um die Rolltreppe benutzen zu können. Insgesamt schaffen es die Autoren, dank ihrer kreativen Ideen und Wortschöpfungen, dem Leser wiederholt ein amüsiertes Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.
Die verschiedenen Persönlichkeiten der Schafe werden von C. & C. Russel sehr einfach beschrieben und jedes Tier hat nur ein bis zwei Eigenschaften die es charakterisieren. Ihr Motto "einer für alle und alle für Futter" ist sehr bezeichnend für die auf die Grundbedürfnisse der Schafe abgestimmten Wesenszüge. Aber gerade weil die Schafe ein solch schlichtes Gemüt haben, wachsen sie dem Leser schnell ans Herz und so fiebert man unversehens bei der rasanten Verfolgungsjagd mit und ist gespannt, wie sie ihre große Mission erfüllen werden...
Die Handlung wird aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt, wodurch der Leser die verschiedenen Motivationen der Charaktere besser kennenlernt. Die Handlungsstränge laufen parallel ab und greifen ineinander, sodass die Handlung im Verlauf vielschichtiger wird. Zusätzlich arbeiten C. & C. Russel so geschickt unvorhergesehene Wendungen in die Geschichte ein, dass für andauernde Spannung gesorgt wird.
Die Autoren zeigen - neben der unterhaltsamen und humorvollen Darstellung - auch sympathische Motive und Ideale ihrer Figuren auf. Jedes der Tiere hat seine besondere Stärke, die in den unterschiedlichen Situationen von Vorteil ist. Die Schafe bilden gemeinsam ein starkes Team in dem jeder einen, wenn auch noch so kleinen, Beitrag zum Ganzen leisten kann. Ähnlich stehen auch Uroma Ida und Todd füreinander ein. Und zu guter Letzt kann sogar einer der beiden Gauner, Luke, als Vorbild gesehen werden. Er gerät durch eine Wette und durch seine unglaublich große Naivität in den Bankbetrug hinein. Als er seinen Fehler erkennt, tut er alles, um es wieder gut zu machen und will sich sogar freiwillig der Polizei stellen. Er zeigt, dass man, auch wenn man auf die schiefe Bahn geraten ist, immer noch richtig handeln kann.
Für alle, die Gefallen an der "Schafgäääng" gefunden haben, sei gesagt, dass die Abenteuer von Will und Co. schon im September 2011 fortgesetzt werden, wenn es heißt "die Schafgäääng - ab durch die Wüste".
Fazit:
Christine und Christopher Russel erzählen eine herrlich "schräääge" Geschichte über das Zusammentreffen von fünf eigenwilligen Schafe und einem vermeintlichen Meteoriten. Liebevoll gestaltete Charaktere, verschlungene Handlungsstränge und kreative Schafwortspiele bilden das Herz der Geschichte, die echten Lesespaß bereitet.
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