Sieben Magier
- Fischer Schatzinsel
- Erschienen: Februar 2011
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ab 11 Jahren
Als Nin eines regnerischen Morgens erwacht, erwartet sie bereits das Trappsen ihres kleines Bruders Toby zu hören, das sie sonst immer weckt. Doch an diesem Morgen ist alles anders: Toby ist verschwunden und mit ihm alles, was einst zu ihm gehörte. Es ist, als habe Toby nie existiert. Als nicht einmal mehr ihre Mutter sich an ihren kleinen Sohn erinnern kann, ahnt Nin, dass sich hinter den Schatten im Haus etwas Schreckliches verbergen muss. Dann soll auch Nin verschwinden und mit ihr alle Erinnerungen...
Der Kinderschreck Skerritsch hat bereits ganze Arbeit geleistet, als er sich daran macht, Nin in seinen Sack zu stecken. Skerritsch hat alle Erinnerungen an Nin gelöscht, hat ihre persönlichen Habseligkeiten verschwinden lassen; Nin ist nicht mehr existent. Doch Nin, die das bereits vorhergesehen hat, versteckt sich und kann entkommen. Als sie auf der Flucht vor dem schnellen Schatten ihrer Mutter begegnet und um Hilfe bitten will, wird sie wie ein fremder Eindringling behandelt und aus dem Haus gejagt. Nin wird schlagartig klar, dass sie hier nicht bleiben kann.
Der fremde, abgerissene Junge, der ihr in der dunklen Unterführung einmal begegnet ist, nimmt sie mit in die "Drift" - eine parallele Welt, in der magische Wesen leben. Auch Jonas wurde einst von einem Kinderschreck entführt, konnte entkommen und wandelt seitdem zwischen den beiden Welten. Ins "Widdern", die Welt der "Quicks", wie die Menschen in der Drift genannt werden, kann er nicht zurück, denn auch seine Familie hat jede Erinnerungen an ihn verloren. Da Nin sich aber an ihren kleinen Bruder erinnern kann, ist sie fest entschlossen, ihn aus dem "Haus der Schrecken" zu befreien. Hier werden die Kinder zum dem schrecklichen Mr. Struud gebracht und noch nie ist jemals eines von dort zurück gekehrt. Inmitten dieser fremdartigen, unwirklichen Welt, in der die Ängste der Menschen furchtbare Gestalten annehmen, verlässt Nin sich auf ihr Glück und ihren Mut. Sie muss in das Haus der Schrecken gelangen. Auf ihrem Weg dorthin erfährt sie, dass diese Welt dem Untergang geweiht ist und dass nicht einmal die mächtigen Sieben Magier dieser Krankheit - dem Entschwinden ins Nichts - stand halten konnten.
Skerritsch bleibt ihr auf ihrem abenteuerlichen Weg durch die Drift und auf Umwegen durch das Widdern stets auf den Fersen. Obwohl in Skerritsch unbemerkt Sympathien zu dem tapferen Mädchen aufkeimen, ist er fest entschlossen, sich seine makellose Erfolgsstatistik nicht kaputt machen zu lassen. Und mit seiner "Hilfe", gelangt Nin schließlich in das Haus der Schrecken und begegnet dem grausamen Mr. Struud. Warum noch nie ein Kind zurückgekehrt ist, wird Nin sehr bald klar, denn auch sie soll an Mr. Struuds´ Tod - ein hundeartiges Schattenwesen - verfüttert werden.
Von Nin unbemerkt, macht sich der finstere Gesell Skerritsch auf sehr eigentümliche Weise daran, die finsteren Pläne des unsterblichen Mr. Struud zu torpedieren. Und nicht nur dieses undurchschaubar finstere Wesen steht Nin und Jonas zur Seite - auch der treue Erdmann mit Namen "Jik", den Nin zu Leben erweckt hat, sowie ein Troll unterstützen sie mit aller Kraft. Wird ihnen der unmögliche Plan gelingen, Toby mitsamt ihren Erinnerungsperlen aus den Fängen des übermächtigen Struuds zu befreien und nach Hause zurück zu kehren?
Um schon mal eines vorweg zu nehmen: Die Sieben Magier von Caro King sind nichts für schwache Nerven. Ängstliche Kinder werden mit den grausamen und teilweise auch ziemlich unappetitlichen Schilderungen sicherlich ihre Probleme haben. Angefangen von der Tatsache, dass Skerritsch bereits ein Kind halb aufgefressen abgeliefert hat bis hin zu der lautmalerischen Schilderung, wie Mr. Struuds´ Tod einen Wächter verspeist, geben sich hier viele bösartige Wesen ein Stelldichein. Schaurig ist das Skelett, das aus seinem Grab kommt und sich an Nins Fußknöchel festklammert, während ihm ein Augapfel aus der Augenhöhle hängt und vampirähnliche Wesen sie mit ihren nachtschwarzen und kalten Augen erbarmungslos verfolgen - und da ist auch noch der körperlose Schatten im Wald, vor dem sich sogar ein Kinderschreck fürchten muss.
Unter all dem legt Caro King einen ziemlich makabren Humor, der sich auch bestens in dem zwiespältigen Charakter Skerritschs zeigt. Er ist über weite Strecken nicht wirklich greifbar und bis zum Schluss wird es für Kinder schwierig, ihn einordnen zu können. Einerseits wirkt er mit seiner ausgeprägten "Berliner Schnauze" irgendwie kauzig und harmlos, andererseits macht er aber durch seine Handlungsweise und durch sein Erscheinungsbild einem Kinderschreck, der aus den schlimmsten Albträumen zu entstammen scheint, alle Ehre.
Dabei sind die "Slangs", die in dieser deutschen Übersetzung für die Darsteller eingesetzt werden, mitunter etwas ermüdend - und im Fall Skerritsch erscheint mir diese sprachliche Spielerei für Kinder fragwürdig, da man den Dialekt zunächst im Kopf "aussprechen" muss, um seinen Inhalt zu verstehen. Wenn diesem "Sprachakrobaten" auch noch ein wichtiger, informativer Teil, der sich auf die Geschichte der Sieben Magier, also dem Kern der Geschichte bezieht, überlassen wird, kann es schnell zum Abschalten bei den jüngeren Lesern kommen. Leseerfahrenen Kindern wird es vielleicht eine willkommene Herausforderung sein, aber Kinder, die nicht so häufig und intensiv lesen und den Dialekt nicht kennen, wird es nur unnötig schwer gemacht in die Geschichte hinein zu finden.
Beeindruckend ist allerdings Caro Kings Ideenreichtum, mit der sie diese gruselige, makabre Welt ausstattet. Besonders der kleine Erdmann "Jik" - den wohl niemand versteht, aber der von den anderen Gesprächsteilnehmern anscheinend richtig interpretiert wird - ist ein gelungener und sympathischer Lichtblick innerhalb der Erzählung. Sie erschafft noch andere tolle, eigenständige und liebenswerte Gestalten zum Leben, die aber vor allem zum Ende hin in Aktion treten.
So verharrt man als Leser ganz gespannt auf der Handlungsebene - und die spielt Caro King gerade zum Schluss sehr gut aus: Geschickt verwebt Caro King mehr als einen glücklichen Zufall mit den Aktionen der Charaktere, würzt all das mit einem guten Timing und erreicht so ein hochspannendes und sogar - das sei hier verraten - versöhnliches Ende für Nin und ihre Freunde.
Fazit:
Cora Kings Debüt über das Reich, in dem unsere schlimmsten Ängste Gestalt annehmen, ist sehr spannend - aber wirklich nichts für schwache Nerven. Ideenreich erweckt sie eine surreale Welt zum Leben, die aber nicht so atmosphärisch ist, dass sie ihre Leser wirklich einlädt, ihr in das Land der Kinderschrecks zu folgen.
Caro King, Fischer Schatzinsel
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