Merlin Cooper und der Bund der Heiligen

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonDez 2010

Idee

Jede Menge Action und technische Raffinessen vermitteln das Gefühl, zwischen Agententhriller und Science-Fiction gelandet zu sein - zusammen mit einer Freundschaftsgeschichte im Internat, eine durchaus eingängige Mischung.

Text

Die Sprache von Joachim Friedrich ist klar und auf den Punkt, sie erklärt sehr bildhaft und wirkt eher sachlich, vermittelt aber dennoch die Gefühle Merlins und auch so manches humorvolle Randereignis.

[ab 11 Jahren]

Merlin Cooper ist fast 13 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter allein in einem abgelegenen Bauernhaus. Er glaubt, er sei ein ganz normaler Junge, doch es gibt einen Geheimbund, der ihn schon lange sucht. Mit Merlins besonderen Fähigkeiten wollen sie die Weltherrschaft erlangen.

Nachdem das alte Bauernhaus durch eine verheerende Explosion in Schutt und Asche gelegt wurde, ist auch Merlins Leben von heute auf morgen zu einem einzigen Trümmerhaufen geworden. Seine Mutter, die sich zur Zeit des Unglücks im Haus befand, gilt als Tod. Doch das will und kann Merlin nicht glauben. Andere Angehörige hat Merlin nicht und so bekommt er schon bald Besuch vom Jugendamt. Immer mehr beschleicht ihn das Gefühl, dass irgendetwas um ihn herum nicht stimmt. Als er auf abenteuerliche Weise versucht zu fliehen, läuft er geradewegs in die Arme von Charles Miller, der sich als alter Freund seiner Mutter vorstellt. Miller hat Merlins Mutter einst vesprochen, dass er sich um den Jungen kümmern werde, wenn ihr etwas zustieße. Charly Miller bietet Merlin an, ihn zu einer ganz besonderen Schule mitzunehmen - wo er sicher wäre. Denn das ist Merlin, wenn er dort bleibt wo er ist, wahrlich nicht. Die Explosion war kein Zufall, das wird bei dem zweiten Attentat auf Charly und Merlin, als sie versuchen den Flughafen zu erreichen, allzu deutlich.

Merlin, der glaubt, dass Charly von den Schüssen der Angreifer tödlich getroffen wurde, flüchtet sich in die Obhut der Jugendpsychologin, die ihn dann in ein Heim bringt. Doch Merlin wird am nächsten Morgen nicht mehr in dem Zimmer sein, denn plötzlich steht Charly vor seinem Fenster und überredet ihn, mit ihm zu kommen. Noch während des Starts des schuleigenen Jets, werden sie erneut angegriffen und schaffen es gerade noch, rechtzeitig an Höhe zu gewinnen. Doch kurz vor dem Landeanflug auf die Schmetterlingsinseln, kann Charly sich auf einmal nicht mehr bewegen und verliert das Bewusstsein. Merlin ist noch niemals in seinem Leben geflogen und soll nun allein das Flugzeug landen. Er konzentriert sich, hat wieder diese unerträglichen Kopfschmerzen, fliegt die Insel an und verliert vor Schmerzen ebenfalls das Bewusstsein. Tatsache ist jedoch, dass Merlin das Flugzeug sicher gelandet hat - ohne vorher irgendwelche Kenntnisse über das Fliegen zu haben.

Die Schüler und Lehrer der Elite-Schule sind sehr beeindruckt, als sie den bewusstlosen Merlin am Strand finden. Da nur elf Schüler in jedem Jahr in der AIS (der Advanced Intelligence Agency) aufgenommen werden - nur die Begabtesten finden überhaupt Zugang zu dieser geheimen Schule, die mit den ausgeklügelsten technischen Neuerungen ausgestattet ist - hat Merlin sofort einen Schüler gegen sich, der um seine Aufnahme fürchten muss, wenn Merlin ebenfalls in der AIS aufgenommen wird.

Auch der Naturwissenschaftler, Arzt und Lehrer der Schule, Dimitrij Kosmanov misstraut Merlin ganz offensichtlich und macht keinen Hehl daraus, dass er davon ausgeht, dass die Landung Merlins nur ein Trick war - und dass ebenso der tragische Tod seiner Mutter nur vorgetäuscht wäre, um an dieser Elite-Schule aufgenommen zu werden. Merlin ist außer sich angesichts dieser haltlosen und gemeinen Verdächtigungen. Zunächst halten Merlin und seine beiden neue Freunde Mai-Lin, Tochter eines Diamantenhändlers, und Kiko, ein wahres Computergenie, Kosamanov für den Attentäter. Doch dann geschehen Dinge, die eindeutig gegen Kosamanov als Täter sprechen - ist es vielleicht Charly Miller selbst, der ein falsches Spiel mit Merlin spielt?

Eines sei hier jedoch verraten: ein anderer spielt die ganze Zeit ein Spiel mit Merlin und versucht langsam sein Netz über ihn auszubreiten. Dabei liefert er vermeintliche Beweise für Charlys Unglaubwürdigkeit, so wie er Merlin mit allen Mitteln versucht zu beeinflussen. Doch er übersieht dabei einen Widersacher, der vor allem Merlin sehr gefährlich wird.

In dem ersten Band der geplanten Reihe "Merlin Cooper", dessen Nachfolgeband bereits im Juli 2011 erscheinen soll, hat der Kinder- und Jugendbuchautor Joachim Friedrich, bekannt durch seine Serie "4 ½ Freunde", ein Milieu geschaffen, das gerade technikbegeisterten Jungs gefallen wird. Joachim Friedrichs Sprache ist klar und auf den Punkt. Er versteht die Details und besonderen Schauplätze sehr bildreich zu beschreiben. In seinen Charakterdarstellungen etwas schlicht, gelingt es ihm aber dennoch die Gefühle seine Darsteller - allen voran Merlin - greifbar darzustellen. Nur der Einstieg des Buches mit der Schilderung des Geheimbund-Treffens fordert schon ein gewisses Maß an Beharrlichkeit, um schließlich mit der Hauptperson, nämlich Merlin Cooper, Bekanntschaft zu machen. Doch dann hält sich der Spannungsbogen bis zum Schluss, sei es durch actionreiche Handlung oder durch interessante Schilderungen des außergewöhnlichen Schulalltags an der AIS.

Ein wenig wie in einem Agententhriller mit einer ordentlichen Prise Sci-Fi-Abenteuer, überrascht Friedrich immer wieder mit seinen "Weiterentwicklungen" und den originellen Einsatzmöglichkeiten bekannter Features. Dabei kommen einem die etwas eigenwilligen, sprechenden Hologramme als "Empfangsdame" oder Bibliothekar schon irgendwie bekannt vor, aber auch Iris- und Gen-Scanner dürften den meisten geläufig sein, vor allem, da sie schon jetzt keine Zukunftsmusik mehr sind.

Wir werden in eine Schulwelt entführt, in der Kreidestaub und Zettelwirtschaft längst zur Vergangenheit gehören und stattdessen Displays, Beamer und Touchscreen-Oberflächen zum Alltag gehören. Vieles von dem hier Geschilderten gibt es also schon oder befindet sich noch in der Entwicklung, dabei hat sich Friedrich nach eigenen Angaben "die Freiheit genommen, diese bereits vorhandenen Techniken so weiter zu entwickeln, dass sie nach Science Fiction anmuten, es aber nicht sind."

Damit legt Joachim Friedrich eine Grundlage für ein neues Internats-Abenteuer, das wie ein Gegenentwurf zu der fantastischen Literatur wirkt. Und das ist auch so von Friedrich gewollt, der sich nicht nur einen Kindheitstraum mit dieser abenteuerlichen Geschichte erfüllt hat, sondern sehr bewusst eine Geschichte erdacht hat, die "ohne Zauberstäbe, Hexen, Drachen und sonstige Fantasy-Zutaten auskommt." (Interview Joachim Friedrich/Thienemann Verlag)

Dennoch hat er eine rätselhafte, fremdartige Welt geschaffen, in der das Geld der "Global Player" - der multinationalen Konzerne - in neue Entwicklungen einfließen. Eine geheime Parallelwelt, in der nicht nur neue Erfindungen erprobt werden sollen, sondern auch eine Nachwuchs-Elite herangezogen wird, die das Zeug hat, die Zukunft unserer Welt nachhaltig zu prägen. Ein wenig unheimlich wirkt das ganze also schon und so überrascht es nicht, dass Merlin direkt in Höhle des Löwen geraten ist.

Droht die Geschichte technische Schlagseite bekommen, rückt der Professor für Betriebswirtschaft, der unter anderem für die Lufthansa arbeitete, die wachsende Beziehung der drei Freunde in den Mittelpunkt des Geschehens. Dass Merlin alles andere als durchschnittlich ist, beweisen seine Taten und sein Weitblick, wobei er fast schon an einen Superhelden erinnert. Ein Superheld, der mit seinen Fähigkeiten noch nichts anzufangen weiß und die ihm buchstäblich Kopfschmerzen bereiten. Doch zusammen mit dem liebenswerten Kiko und dem Reaktionswunder Mai-Lin sind sie als Team nicht so leicht zu schlagen.

Bei dem Schulessen in der High-Tech-Kantine fühlte ich mich aber dann doch sehr an die berühmten drei Freunde erinnert, die allerdings und überaus erfolgreich die Zauberstäbe geschwungen haben. Die Tatsache, dass es drei Freunde sind, wobei das Mädchen ebenfalls manchmal nervtötend besserwisserisch sein kann, aber dennoch mutig und beherzt für ihre Freunde eintritt, lässt mich unwillkürlich bei der Figur der Mai-Lin an die berühmte Hermine denken. Auch gibt es hier einen ziemlich fiesen Lehrer, der Merlin gleich auf dem Kieker hat und einen Mitschüler, der Merlin auf Anhieb den Kampf ansagt. Dennoch: Joachim Friedrich löst in seinem ersten Band einige Verwirrungen auf ganz eigene Art und überrascht mit seinem Plot. Auch die Überleitung zum nächsten Abenteuer ist vielversprechend und so kann man sich auf eine weitere spannende Zeit an der AIS freuen.

Fazit:

Spannende und solide Unterhaltung für alle technikbegeisterten Jungs ab 11 Jahren, die durch jede Menge Action und technischer Raffinessen zu überzeugen weiß. Joachim Friedrich hat mit seiner neuen Buchreihe eine klug durchdachte Rahmenhandlung entwickelt, die dem neuen Helden Merlin Cooper eine gute Bühne für weitere Abenteuer im Reich der Wissenschaft liefert.

Stefanie Eckmann-Schmechta

 

Merlin Cooper und der Bund der Heiligen

Joachim Friedrich, Thienemann

Merlin Cooper und der Bund der Heiligen

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