Api will verreisen

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2010

Idee

Eine besondere Geschichte, mit einer Botschaft voller Herzenswärme und überaus sympathischen Charakteren.

Bilder

Die Illustrationen von Tineke van der Stelt sind elementar. Mit der Mischung aus Collage und Aquarelltechnik und einer gekonnten Linienführung unterstreicht sie den emotionalen Kontext der Geschichte auf ganz besondere Weise.

Text

Kurze intensive Sätze, mit dem Gewicht auf die Dialoge, beschreiben die schwankende, sehr lebendige Gefühlswelt vom kleinen Api und erreichen den Leser unmittelbar.

[ab 5 Jahren]

Api, der kleine Affe, möchte mit den Zugvögeln in den Süden reisen. Mit dem Cover des schönen Bilderbuches deutet Tineke van der Stelt bereits an, wie eng Fern- und Heimweh doch beieinander liegen: Der kleine Api sitzt sicher und geborgen auf den Schultern seines Freundes, dem Dachs, während er sehnsüchtig auf die die fliegenden Zugvögel deutet.

Api und Dachs sammeln den ganzen Nachmittag Holz für den kommenden Winter. Api, auf dem Baum sitzend, schaut begeistert den Gänsen nach, die südwärts fliegen - sie haben es im Süden warm und brauchen kein Holz zum Heizen. Api möchte ihnen am liebsten sofort folgen, doch Dachs bleibt lieber daheim und heizt den Ofen an. Da Api noch nie sein Zuhause verlassen hat, lädt Dachs ihn für eine Nacht ein, damit er weiß, was es heißt fort zu sein. Mit einem wärmenden Lagerfeuer leckerem Stockbrot überzeugt er den kleinen Affen Api, zunächst bei ihm zu bleiben.

Liebevoll richtet Dachs für Api ein Bett, das aus zwei Sesseln, kuscheligen Decken und Kissen besteht. Aber Api kommt nicht zur Ruhe; es macht sich so ein merkwürdiges Gefühl in seinem Bauch breit. Obwohl er zu Dachs ins Bett kriechen darf, verlässt ihn dieses Bauchgefühl nicht. Nach dem liebevoll hergerichteten Frühstück hat Dachs sogar den Bollerwagen mit allerlei Leckereien für die lange Reise beladen.

Als Api schließlich zu seiner großen Reise in den Süden aufbricht, dreht er sich immer wieder um, bis das Haus von Dachs am Horizont verschwindet. Plötzlich weiß Api woher dieses komische Bauchgefühl kommt: Sein Kuscheltier "Hündchen" möchte nämlich viiiel lieber bei Dachs bleiben. Freudig empfängt Dachs die Beiden. "An diesem Abend gehen Api und Dachs früh zu Bett. Api schläft sofort ein. Er träumt von Bären und Tigern und von gerösteter Kokosnuss."

Selten gibt es in einem Bilderbuch tierische Protagonisten, die in ihrem Wesen so deutlich menschliche Züge in sich tragen wie Api und Dachs, und das, ohne dabei kitschig zu wirken. Bewegung, Körperhaltung und "Requisiten" aus dem Kinderalltag, wie z.B. ein Kuscheltier, sowie das menschliche Minenspiel von Api und Dachs, scheinen fast zufällig, erhalten aber gerade durch ihre Beiläufigkeit eine besondere Intensität.

Api ist das kleine Kind, das mit seiner Unbekümmertheit große Vorhaben angeht, ja, die Welt entdecken will. Er ist zappelig und sprunghaft in seinem Entdeckungsdrang; die Möglichkeit, die große weite Welt zu entdecken versetzt ihn in Staunen und lässt seine Fantasie Purzelbäume schlagen. Dabei ist er ebenso begeisterungsfähig wie mutig. Denn es verlangt schon Mut, sich trotz des mulmigen Gefühls auf den Weg zu machen. Doch noch mehr Mut verlangt es, seine Ängste anzunehmen und darauf zu reagieren - auch wenn Api sich dafür einen Stellvertreter sucht: Sein Kuscheltier "Hündchen", das unbedingt zu Dachs zurückkehren möchte.

Dachs ist der Erwachsene der alles ruhig angeht und überlegen genug ist, dem "Kind" seine Freiheiten zu geben. Er versteht Api und nimmt ihn seinem Tatendrang ernst. Dachs macht bei dem Spiel mit und lässt Api damit die Möglichkeit, selbst an seinen Entscheidungen zu wachsen. Ganz behutsam überzeugt er den kleinen Api, dass er doch (noch) am Besten Zuhause aufgehoben ist. Und er empfängt Api mit einer so überschwänglichen Freude, dass sie sowohl Kinder als auch Erwachsene berührt.

Diese Gefühlswelt des Nebeneinander von Lust auf Neues und Angst vor Unbekanntem, sowie dem großen Bedürfnis nach Geborgenheit ist menschlich und besonders typisch für Vorschulkinder. Api ist hier ein in jeder Situation überzeugender Charakter und damit für Kinder eine gute Identifikationsfigur.

Die vielen Dialoge des Textes betonen die Intensität der Geschichte und lassen mit leisen Zwischentönen an der Gefühlswelt der zwei Protagonisten teilhaben; an ihren Freuden und Sehnsüchten ebenso, wie an ihren Ängsten und Sorgen. Diese emotionale Geschichte aus dem schweizer atlantis-Verlag wäre jedoch nur halb so schön, wenn die herrlichen Bilder nicht wären. Die Mischung aus Fotocollage- und Aquarelltechnik verleiht den Bildern einen ganz eigenen Charakter. So sind zum Beispiel Birkenstämme, Blätter oder auch die getragenen Textilien aus bearbeiteten Fotos eingefügt. Anhand der verwendeten Farben ist die jeweilige Tageszeit bestens abzulesen.

Die Art, wie Tineke van der Stelt die Emotionen der beiden Protagonisten darstellt, ist einnehmend. Mit leichtem Strich verleiht sie den Tieren eine klare und überzeugende Mimik. Dass zwischen Dachs und Api eine starke Bindung besteht, zeigt Tineke van der Stelt besonders schön in ihrer letzten Illustration, da der Dachs den zufrieden schlummernden Api mit einem glücklichen Lächeln im Arm hält.

Fazit:

Der schlichte Titel "Api will verreisen" lässt nicht auf Anhieb erkennen, um welch besonderes Werk der holländischen Autorin es sich hier handelt. Ein beeindruckendes Buch über die kindliche Neugier auf die große, weite Welt, wie auch über die Geborgenheit, ohne die ein mutiges Erforschen kaum möglich wäre.

Sylke Wilmer-Gruchmann

 

Api will verreisen

Tineke van der Stelt, Atlantis

Api will verreisen

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