Monsternacht und Geisterstunde

[ab 5 Jahren]

Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Kinderbuch des Monats [10.2010]. Man muss nicht in einem verlassenen Schloss wohnen, um sich ordentlich zu gruseln. Aber dass Geister und Gespenster durchaus auch etwas Humorvolles haben können, beweist das folgende Buch.

Wenn es von der Turmuhr zwölf schlägt und normale Menschen schlafend in ihren Betten liegen, beginnt sie, die Geisterstunde...Das ist die Zeit zu der Gespenster, Geister und Vampire ihr Unwesen treiben, durch verlassene Schlösser spuken, mit Ketten rasseln und menschliche Nachtschwärmer erschrecken. Doch da Kinder zu dieser späten Stunde im Normalfall tief und fest schlafen und von dem ganzen schauerlichen Trubel um sie herum gar nichts mitkriegen, können sie sich dank der Geschichten-Sammlung "Monsternacht und Geisterstunde" dem Gruselgefühl bereits schon einige Stunden früher hingeben. Der Band beinhaltet ein buntes Potpourri an Geschichten, Gedichten und Balladen rund um das Thema "Gruseln". Angefangen bei Goethes "Zauberlehrling" über ein Monster, das unter seinem entsetzlichem Mundgeruch furchtbar leidet bis hin zu einem Vampir, der auf der Suche nach der täglichen Ration Blut den Fernseher mit der realen Welt verwechselt und sich die Zähne ausschlägt, reicht die thematische Bandbreite der Sammlung und verweist bereits darauf, dass neben dem Gruseltum auch mit jeder Menge Spaß zu rechnen ist. Die insgesamt 23 Beiträge stammen aus der Feder unterschiedlicher Autoren, wie beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe, Eduard Mörike, Wilhelm Busch, Miriam Pressler, Sarah Bosse oder Ahment Zappa und noch einigen mehr, die in vier Gruselstufen (vom "zarten Kribbeln" bis hin zu "eisigen Schauern") unterteilt sind.

Oh wie schön ist es, sich in sein warmes Bett zu kuscheln und einer Gruselgeschichte zu lauschen! Bekanntermaßen üben Geister, Gespenster und Vampire auf Kinder eine Faszination aus, die zwischen Neugier, Grusellust und Angst liegt und daher am besten wohl dosiert und mit einer guten Portion Humor vermischt zu sich genommen werden sollte, um schlaflosen Nächten vorzubeugen. "Monsternacht und Geisterstunde" bietet mit seiner abwechslungsreichen Sammlung von Geschichten und Gedichten zum Thema "Gruseln" eine gute Auswahl für jeden Geschmack und jede Situation. Dank der Unterteilung in Gruselstufen fällt Kindern und Vorlesern die Orientierung leicht und so können sich Gruselanfänger zunächst auf die erste Gruselstufe beschränken, bevor sie sich auf fortgeschrittene Level vor wagen. Jede der Geschichten regt die Phantasie der kleinen Leser und Zuhörer an und so ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise auch nicht besonders gruselige Beiträge wie der "Der Zauberlehrling" Zugang gefunden haben und neben modernen Erzählungen von Vampiren, die sich in Küchenbänken verstecken, zu finden sind. Vor allem in den neueren Erzählungen kommt neben dem Gruseleffekt jedoch auch das Lachen nicht zu kurz, so beispielsweise wenn Helge May in "Was man gegen Gespenster machen kann" den Rat gibt, Gespenster und Monster durch pupsen oder lachen zu vertreiben. Somit löst sich manche gruselige Spannung ganz von allein.

Die Längen der Beiträge dieser gruseligen Sammlung variieren von nur einer Seite bis hin zu zehn Seiten und sind durch die eingestreuten Illustrationen auch für erste eigenständige Leseversuche gut geeignet. Die Wortwahl ist kindgerecht und auch wenn ganz unterschiedliche Autoren in diesem Band versammelt wurden, so bildet sich dank der sorgfältigen Auswahl trotz des unterschiedlichen Inhalts und Ausdrucksweise ein harmonisches Gesamtbild.

Die liebevolle Gestaltung macht das Buch zu einem besonderen Lesevergnügen. Ein optischer Hingucker, den Kinder sofort ins Herz schließen, ist die Holzfledermaus am Lesebändchen. Sie begleitet bei der Lektüre, ist Tröster und rettender Pol, wenn es doch einmal gar zu gruselig wird. Darüber hinaus bestechen die einfallsreichen und humorvollen Illustrationen von Sophie Schmid. Mit einer ausgesprochenen Liebe zum Detail und kleinen Extras illustriert sie jeden Beitrag wunderbar passend. Sie erweckt auch das abwegigste Monster liebevoll und mit viel Humor zum Leben und nimmt ihm dadurch seinen Schrecken. Durch ihren leichten Strich begleiten die farbenfrohen graphischen Zeichnungen die Geschichten, ohne sie zu dominieren und beflügeln die kindliche Phantasie. Dabei wechseln die Darstellungen einzelner Figuren oder Situationen mit ganzseitigen Gestaltungen ab. Auch dabei überrascht sie immer wieder mit neuen Ideen, so z.B. wenn die Seite, auf der ein Abwehrrezept geschrieben steht, an eine alte Papyrusrolle erinnert oder eine andere Seite stichpunktartig den Aufenthaltsort verschiedener gruseliger Gestalten verrät und dafür als Karteikarte gestaltet wurde. Somit verbindet sich der inhaltliche Überraschungseffekt hervorragend mit dem illustrativen.

Fazit:

"Monsternacht und Geisterstunde" bietet eine ausgewogene Sammlung verschiedener Beiträge rund um das Thema Gruseln und überzeugt dabei nicht nur durch eine stimmige Auswahl, einer guten Portion Humor sondern auch durch wunderbare, phantasievolle Illustrationen - ein großer Vorlesespaß.

Claudia Goldammer