Während des Strandspaziergangs mit dem Sturmwind einfach abheben - so mancher träumt davon. Und so manche Träume gehen tatsächlich auch in Erfüllung.
Ein Mann geht mit Hut, Mantel und Schal bekleidet am Strand spazieren. Es stürmt. Sand, Papier und kleine Hölzer fliegen durch die Luft. Auf einmal wird auch der Hut des Mannes davon geweht und zum Spielball des Sturms. Der Mann rennt hinterher und kämpft gegen den Sturm an - und hebt plötzlich selber ab. Zuerst nur ein bisschen , doch schließlich immer höher. Vorbei am Leuchtturm macht er einen Purzelbaum in der Luft, fliegt mit den Möwen über das weite Meer und sieht unter sich die Frachtschiffe. Und weiter geht die Reise hoch oben in der Luft: über Felder und Wege hinweg auf der Höhe einer kleinen Propellermaschine, die seinen Weg kreuzt. Und schließlich zurück zum Strand, um dort etwas unsanft auf dem Sand aufzuplumpsen. Sein Hut landet gleich neben ihm. Der Mann setzt ihn zurück auf seinen Kopf, steigt auf eine alte Kiste und ruft in den Wind: "NOCH MAL!!"
Herbstspaziergänge an stürmischen Stränden verleiten dazu, sich einfach plastischer vorstellen zu könne, wie es wäre, wenn man einfach abheben könnte. Die Vorstellung erfüllt einen mit einem gewissen Kribbeln und Vorfreude, aber auch etwas Angst ist dabei, denn selber Fliegen können die Menschen einfach nicht. Umso schöner ist es, dass Peter Schössow in seinem neuen Buch "MEEHR!!" diesen Traum aufgreift und seine Hauptfigur abheben lässt. Weiß man beim Anschauen der großformatigen Bilder anfangs nicht so recht, ob der fliegende Mann seinen Ausflug in die Lüfte genießt oder nicht, so ist das doch allerspätestens auf der letzten Seite mit dem enthusiastischen Ausruf "Noch mal!!" sonnenklar. Die Namenlosigkeit des Haupthelden erleichtert dem Bilderbuchbetrachter die einfache Übertragung der Situation in das eigene Leben, statt des Mannes mit Hut kann der Betrachter leicht sich selbst einsetzen und dadurch abheben.
Peter Schössow arbeitet auch in diesem Buch wieder mit großformatigen Bildern in gedeckten Grün-, Blau- und Grautönen, die perfekt die Stimmung an einem stürmischen Herbststrand einfangen. Die Mimik des Mannes ist in den meisten Bildern auf seine Augen beschränkt, doch trotzdem kann der Betrachter den anfänglichen Schrecken, die Hilflosigkeit und später das Vergnügen an der luftigen Reise erkennen. Mit kleinen Details setzt Schössow den Höhenflug des Mannes in Relation und so erfährt der Betrachter ohne Worte, dass er immer höher und höher steigt und schließlich gar so hoch wie ein Flugzeug fliegt.
Die Geschichte lebt von ihren Bildern, auf erzählte Passagen verzichtet Schössow komplett. Der einzige Textbaustein erscheint auf der letzten Seite und unterstreicht die Handlung des Mannes (der sich, auf eine Kiste geklettert, in den Wind lehnt) mit einem lauten und entschiedenen "Noch mal!!" in Versalbuchstaben und mit zwei Ausrufezeichen versehen. Hier ist der Mann mit Hut zum kleinen Kind geworden, das vom Karussellfahren nicht genug bekommen kann - ebenso, wie man dieses Buch noch mal ansehen möchte!
Fazit:
Ein Buch über Lebenslust und Mut, das die eigene Fantasie beflügelt und am Ende des Tages zum Träumen verhilft.
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