Tschilp
- SCM R. Brockhaus
- Erschienen: Juli 2010
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Eine ungewöhnliche Kinderbibel, in der die wichtigsten Geschichten der Bibel von Tieren erzählt werden. Eine ganz neue Herangehensweise an das alte und das neue Testament, denn ein kleiner Spatz namens Tschilp, will wissen warum die Staublinge (die Menschen) nicht mehr im Paradies leben, und ob es überhaupt noch Hoffnung gibt.
Das alte und neue Testament wird von dem kleinen Spatz Tschilp in Ich-Form erzählt. Er lebt in der Steppe und hat eines Tages eine Begegnung mit einem, wie er sagt, hässlichen, zweibeinigen Wesen, das die Tiersprache nicht versteht. Seine Eltern wissen Rat. Es handelt sich hier um Staublinge, die sich selbst "Menschen" nennen. Der Anblick dieses armselige Geschöpfes ist Anlass genug für Tschilp, seine tierischen Freund aufzusuchen um mehr über diese Staublinge und das verlorene Paradies zu erfahren.
Der Löwe Simba erzählt zunächst von dem Paradies, aber so ganz genau kennt er sich auch nicht aus und verweist daher auf die Schlange Xenies. Diese berichtet vom Einfall des bösen Herrschers in das Paradies, so dass es vernichtet wurde. Die Staublinge und deren Kinder sind seither vom Bösen infiziert. Vieles Schlechte geschah bis hin zum Brudermord, aber davon weiß der Hund zu berichten. Nach der Geschichte von Kain und Abel erzählen der Falke und die Zebraherde von der grossen Flut, die Termiten erzählen vom Turmbau zu Babel. Wir hören Geschichten von Abraham und Josef, von Mose, den zehn Geboten, von Saul, von David und Goliath, von der Geburt Jesu, von dessen Leben und Wirken bis hin zu seiner Kreuzigung. Vom Mut verlassen und hoffnungslos sitzt Tschilp nun wieder auf seinem Zweig. Seine traurigen Gedanken werden von einer Amsel gestört und Tschilp fragt, sich wie man so fröhlich sein kann, da das Paradies doch verloren ist. Die Amsel klärt ihn aber weiter auf, denn der Esel, der die letzte Geschichte erzählt hat, kennt den Schluss nicht: Jesus ist von den Toten auferstanden und hat alle Sünden auf sich genommen. Diese Offenbarung lässt das Werk Jesu und Gottes seitdem weiter wirken und die Hoffnung auf ein neues Paradies entstehen.
In dem Nachwort des Autors an die "ausgewachsenen Staublinge" steht, dass viele von ihnen in ihrer Welt aus Neonröhren, Computern und künstlichen Geräuschen kein Ohr mehr für die wirkliche Welt und deren Schöpfung haben. Den noch nicht ausgewachsenen Staublingen wünscht er das nötige und bange Herzklopfen, wenn sie mit Tschilp unterwegs sind, denn nach dem Lied der Amsel beginnt eigentlich erst das Abenteuer.
Im Anschluss an dieses Schlusswort befindet sich das Inhaltsverzeichnis der einzelnen Geschichten mit dem Verweis auf die jeweilige Bibelstelle.
In diesen insgesamt 26 Geschichten wird eine Essenz aus der Bibel kurz und leicht verständlich wiedergegeben, ohne wichtige Details zu übergehen. Der Kern der Bibel, die frohe Botschaft wird altersgerecht und sehr einfühlsam vermittelt. Dramatische und traurige Aspekte werden behutsam vermittelt und es wird auf eine allzu detailgetreue Schilderung verzichtet. Allein die Botschaft zählt.
In jeder der in sich abgeschlossenen Geschichten wird das Erzählertier (z.B. Löwe, Schlange, Wildhund, Termiten, Skarabäus, Esel, ...) kurz vor der eigentlichen Geschichte vorgestellt. Seine typischen Merkmale, seine Lebensumstände und Eigenschaften werden beschrieben. Dabei handelt es sich um erfrischende Zusatzinformation für die Leser, die sich bei dieser Erzählweise sicherlich an keiner Stelle langweilen werden, selbst wenn sie den Inhalt der Bibel bereits gut kennen.
Der Text ist spannend und zugleich leicht verständlich geschrieben, mit einer wunderbaren Prise an Humor. Hier ein Beispiel: die Schlange Xenie ist empört über das Gerede des Löwen Simbas. Der hätte doch wohl ein Spatzenhirn! Tschilp, der kleine Spatz, wirft ein, dass Xenie wohl Katzenhirn sagen wollte, aber aufgrund ihrer lispelnden Aussprache ist Spatzenhirn zu hören. Zitat: "Die lispelnde Aussprache der Schlangen machte sich an dieser Stelle besonders unangenehm bemerkbar." Solchen Witz können auch schon die kleineren Zuhörer durchaus verstehen - und amüsiert nachahmen. Dadurch, dass die Geschichten in sich abgeschlossen sind, kann man sie auch wunderbar einzeln vorlesen, oder ältere Kinder selbst lesen lassen.
Eingeleitet werden die schönen Episoden jeweils durch ein farbenfrohes Aquarellbild, bei dem die Bleistiftlinien klare Konturen und Eigenschaften der jeweiligen "Erzählertiere" erkennen lassen. An jedem Bildunterrand läuft Tschilp entlang und hinterlässt seine kleinen Vogelspuren, die den beträchtlichen Textanteil jeder Seite wunderbar einrahmen.
Aber nicht nur die schöne Aufmachung und die gelungene und zugleich unkonventionelle Herangehensweise an das wohl bekannteste Buch aller Zeiten, machen dieses Buch so wertvoll; auch das sehr persönliche Schlusswort des Autors - mit erhobenem Zeigefinger in Richtung der Erwachsenen - wie auch das sympathische Augenzwinkern mit dem er das tut, lassen dieses Buch zu einem Lesevergnügen der besonderen Art werden. Auch das Inhaltsverzeichnis mit den Angaben zu den Bibelstellen zu der "Original" Bibel machen dieses umfängliche und doch leider sehr eng bedruckte Werk zu einem schönen Ergänzungswerk in Sachen Bibelgeschichten.
Ergänzen möchte ich noch einen Auszug aus dem Portrait des Autors, das wohl am besten zeigt, auf welchem Wege dieses schöne Buch entstanden ist: "In der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit hat er gelernt, dass Erzählen - manchmal aus ungewöhnlicher Perspektive - die nachhaltigste Methode ist, Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern die Geschichten der Bibel nahezubringen. Seine Begeisterung für ursprüngliche Erlebnisse in der Natur lässt sich dabei nicht verheimlichen."
Fazit:
Eine ungewöhnliche, spannende, humorvolle und doch gleichzeitig ernsthafte Herangehensweise an das Alte und Neue Testament. "Tschilp" eröffnet Kindern damit eine gefühlvolle und unterhaltsame Perspektive auf die doch manchmal allzu komplexen Botschaften der Bibel. Hier sind es die Tiere, die zu Wort kommen und die Geschehnisse leicht und überaus sympathisch interpretieren.
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