Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Wer kennt es nicht, die allabendliche Diskussion darum, wie viele Gutenachtgeschichten vorgelesen werden müssen und dass jetzt plötzlich der Durst ganz groß ist? Wie anders ist es da bei Familie Eule...
Eine kleine Eule lebt glücklich mit ihren Eltern auf einem Baum im Wald. Ihr Leben ist nahezu perfekt: sie geht gern in die Schule, spielt gern mit ihren Freunden Verstecken und übt gern mit ihrer Mutter eulenmäßige Sachen, wie das Nachdenken oder nach rechts und links Gucken. Nur eine Sache störte die kleine Eule massiv - dass sie abends nach guter alter Eulenart immer so lange aufbleiben muss. Sie sehnt sich so sehr danach, früh ins Bett gehen zu dürfen, wie es ihren Freunden auch erlaubt wird. Aber da ist nichts zu machen, denn "Wer einmal eine große kluge Eule werden will, muss abends lange aufbleiben". Noch mindestens ein Stündchen muss sie spielen, erst dann lassen sie ihre Eltern ins Bett gehen. Für die kleine Eule zieht sich diese Stunde scheinbar endlos hin und erleichtert zählt sie die letzten zehn Minuten rückwärts. Mit einem Jubelschrei fliegt sie anschließend in ihr Nestchen und ist, als ihre Eltern mit einem ganzen Stapel Gutenachtgeschichten und einem großen Glas Wasser zu ihr ans Bett kommen, bereits tief und fest eingeschlafen.
Schlafen ist schön! Ins Bett-Gehen der wunderbarste Moment des Tages! Wie, das sehen ihre Kinder ganz anders? Sie sitzen stundenlang im Bett, wollen eine Geschichte nach der anderen vorgelesen bekommen, noch zwei Lieder singen, ein Glas Wasser trinken, noch einmal auf die Toilette, um anschließend über weitere Geschichten zu verhandeln? Dann ist es ganz klar: ihr Kind gehört zur Spezies der Eulen. Die bleiben nämlich auch immer lange auf und gehen erst ins Bett, wenn alle anderen längst schlafen Doch anscheinend gibt es auch hier Ausnahmen, wie die Geschichte von der "Kleinen Eule, die nicht immer so lange aufbleiben wollte" beweist.
Amy Krouse Rosenthal erzählt mit der liebevollen Geschichte von der kleinen müden Eule eine wunderbare Gute-Nacht-Geschichte der ganz anderen Art. Nicht der Wunsch länger aufzubleiben wird thematisiert, sondern das innige Bedürfnis, endlich ins Bett gehen zu dürfen - ein Thema, dass durch seine scheinbare Paradoxie die Leser schmunzeln lässt. Dafür bedient sie sich kurzer, einfacher und prägnanter Sätze in einem alltäglichen, humorvollen und lockeren Ton. Wörtliche Rede, visualisierte Gedanken und erzählte Geschichte wechseln einander ab und schaffen trotz der wenigen Textmenge eine vollwertige und ansprechende Geschichte, bei der man schnell das Gefühl bekommt, die kleine Eule schon lange und gut zu kennen. Unterstrichen durch die wunderbaren cartoonhaften Zeichnungen von Jen Corace in frischer und kräftiger Farbigkeit, die sich stark vor dem weißen Hintergrund abheben, können sich die großen und kleinen Leser wunderbar in die Gefühlswelt der kleinen müden Eule hineinversetzen. Obwohl Eulen eher für ihren regungslosen Gesichtsausdruck bekannt sind, überzeugen sie in diesem Buch durch eine ausdrucksstarke Mimik und Gestik, wenn sie z.B. streng der kleinen Eule noch eine Stunde Spielen verordnen, der kleine Vogel sehnsüchtig an seine bereits schlafenden Freunde denkt oder missmutig seine Schmusedecke hinter sich herschleift. Mit solchen und weiteren einfallsreichen und liebevollen Details in Text und Zeichnung (z.B. Gedankenblasen, Mama Eules Perlenkette und das Mäusemuster auf der Schmusedecke der kleinen Eule) lassen die beiden US-Amerikanerinnen die Eulen nahezu menschlich und sehr, sehr liebenswert erscheinen und runden damit das Paket Handlung und Figuren ab.
Fazit:
Ein gelungenes und einfallsreiches Bilderbuch, welches das Dauerbrennerthema "Ins Bett gehen" einmal ganz anders aufzieht, einen sehr liebenswerten Charakter schafft und bei groß und klein für Heiterkeit sorgt.
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