Kinderszenen
- Annette Betz
- Erschienen: Mai 2010
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[ab 5 Jahren]
Klassische Musik ist schwer verdaulich, anstrengend und nur etwas für Erwachsene? Mitnichten, wie dieses wunderbare (Hör-)Buch um die phantastischen Abenteuer von Leo und Luise beweist - inspiriert und begleitet von den "Kinderszenen" von Robert Schumann.
"Herzlich willkommen und hereinspaziert zu Leos und Luises zauberhaftem Musikspektakel!" begrüßt das( Hör-) Buch "Kinderszenen" von Marko Simsa seine Leser und Zuhörer stürmisch. Und stürmisch bleibt es, denn im Eiltempo erleben die beiden Kinder ein Abenteuer nach dem anderen. Die Bühne dafür ist ihr Kinderzimmer, doch mit jeder Menge Phantasie reisen sie zur und auf der Musik der "Kinderszenen" von Robert Schumann zu abenteuerlichen Schauplätzen. Die Phantasiereise durch den 13 Stücke zählenden Klavierzyklus beginnt im Heißluftballon, mit dem im Stück "Von fremden Ländern und Menschen" zu fernen Regionen aufgebrochen wird. Dabei entdecken Leo und Luise auch gänzlich unbekannte Länder, wie das königliche Luisenburg und die gefürchteten Leo-Inseln. Weiter geht es mit einer "Kuriosen Geschichte", denn plötzlich sind Leo und Luise wieder in ihrem Zimmer. Doch während sie sich noch verdutzt am Kopf kratzen, tun dies auch die Affen neben ihnen. Und Luise wären beinahe von einem Nilpferd die Zehen platt getreten worden. Die Affen treiben lauter Unfug und spielen Klavier, während Elefant, Giraffe und Nilpferd dazu tanzen. Das sehen sich Leo und Luise am besten aus sicherer Entfernung von einem Baum herab an. Doch schnell werden sie vom wilden Treiben mitgerissen und spielen "Haschemann". Mit Lianen schwingen sie mit den Affen um die Wette und laufen vor dem Fänger weg. "Bittendes Kind" ist das nächste Stück der "Kinderszenen" und Leo und Luise bitten nach der wilden Hascherei um eine kurze Rast. Doch die währt nicht lange, denn zu "Glückes genug" überlegen sie, was sie jetzt am liebsten tun würden. Einen großen Eisbecher essen, ein eigenes Pferd reiten oder doch lieber als Pirat über die Weltmeere segeln? Doch da wird es auch schon feierlich, denn eine "Wichtige Begebenheit" findet statt: Prinzessin Luise von Luisenburg empfängt auf ihrem Schloss Prinz Leo von den Leo-Inseln und beide verkünden die neuesten Bestimmungen, wie z.B. dass jedes Kind so lange abends aufbleiben darf, wie es will. Von so viel anstrengender Arbeit muss sich erst einmal erholt werden und in "Träumerei" liegen beide träumend auf einer Blumenwiese und sehnen sich nach Himmelbetten aus Zuckerwatte. Doch plötzlich wird es bitterkalt und "Am Kamin" sitzend erzählen sich die beiden aufregende Geschichten von Piraten, Räubern und Prinzessinnen bis dann der "Ritter vom Steckenpferd", in diesem Fall Leo, Prinzessin Luise auf seine geheimnisvolle Burg führt und sie zu einem Ausritt einlädt. Doch leider mit tragischem Ausgang, denn in "Fast zu ernst" begraben die beiden Leos Steckenpferd, welches beim Ritt über die Felder entzwei gebrochen ist. Es ist jetzt schon spät am Abend und was liegt da näher, als sich ein wenig zu gruseln? In "Fürchtenmachen" treffen die beiden auf Fledermäuse, Gespenster, Spinnen und klappernde Skelette, bis es ihnen gar zu arg wird und sie das Licht wieder anschalten. Nach so einem aufregenden Tag legen sich Leo und Luise gern ins Himmelbett und spielen "Kind im Einschlummern". Sie denken an all die Abenteuer, die sie erlebt haben und schlafen darüber... ...tatsächlich ein. "Der Dichter spricht" zum Schluss, bedankt sich für die Aufmerksamkeit, stellt sich kurz vor, genießt den Applaus, bevor er sich von seinem dankbaren Publikum verabschiedet. Für alle, die jetzt noch die Kraft haben, weiter aufmerksam zuzuhören, werden nun noch zwei der Musikstücke musiktheoretisch etwas näher beleuchtet und das Zusammenspiel der Hände in Form von Melodiestimme und Begleitung bei Klavierstücken kurz erläutert.
Robert Schumann feiert am 8. Juni 2010 seinen 200. Geburtstag -für den Annette Betz Verlag Grund und Anlass genug ein Hör- und Abenteuerbuch für Kinder herauszugeben, das sich thematisch um Schumanns Klavierzyklus "Kinderszenen" dreht. Der Autor Marko Simsa und die Illustratorin Doris Eisenburger legen damit bereits das achte Hörbuch einer erfolgreichen Reihe vor, welches Kindern klassische Musik mithilfe von Geschichten und ansprechenden Illustrationen spielerisch vermittelt. Die "Kinderszenen" von Robert Schumann sind ein aus dreizehn kurzen Klavierstücken bestehender Zyklus, der Anfang des 19. Jahrhunderts komponiert wurde. Ursprünglich waren sie nicht als Stücke für Kinder, sondern als "Rückspiegelung eines Älteren für Ältere" (Robert Schumann) angelegt. Charakteristisch für die Romantik, zu deren Vertretern auch Schumann gehört, sind der gefühlsbetonte und stimmungsvolle Charakter der Musik sowie das individuelle Erleben des Einzelnen. Diese Merkmale sind auch in den "Kinderszenen" spür- und hörbar und wurden auch von Marko Simsa in der musikalischen Reise von Leo und Luise gekonnt aufgegriffen. Jedem der dreizehn Stücke geht ein phantastisches Abenteuer der beiden Kinder voran, welches im Anschluss durch das dazugehörige Musikstück passend eingerahmt wird. Dadurch erleben Zuhörer die kleinen Geschichten nicht nur, sondern können ihnen, getragen von der Musik, nachfühlen und nachspüren. Zusätzlich bietet das musikalische Zwischenspiel die Möglichkeit, sich von den turbulenten Geschichten zu erholen. Mit einer Gesamtspielzeit von etwa 40 Minuten ist der Aufmerksamkeitsbogen von Kindern nicht überspannt, wer möchte, kann sich aber auch einzelne Geschichten und "Kinderszenen" herauspicken. Die Abenteuer, die Leo und Luise erleben, sind reine Phantasiegeschichten, wie sie sich Kinder, inspiriert von Musik ausdenken könnten. Manchmal wirken sie leider etwas konstruiert und "passend gemacht", besonders vereinzelte Überleitungen zwischen zwei Geschichten. Jedoch ist dies nicht sehr störend und gerade Kinder stören sich nicht daran, sondern sind fasziniert von den abenteuerreichen Erlebnissen. Markos Simsa schreibt und erzählt diese in einer sehr kindgerechten und lebendigen Art und Weise. Die Sätze sind kurz und nicht verschachtelt, erzählte und wörtliche Rede wechseln sich ab und verleihen einen lebendigen und hautnahen Charakter.
Zusätzlich zu den erzählten Erlebnissen bietet Marko Simsa zusammen mit der Pianistin Giovanna Farigu am Ende der Abenteuer noch einen kleinen Einblick in die Musiktheorie. Hier erläutert er den Aufbau von zwei "Kinderszenen", speziell die Unterscheidung zwischen Melodie und Begleitung und welche Hand welchen Teil spielt. Auf der CD gibt es hierfür begleitende Hörbeispiele, im Buch können Kinder und Eltern dies anhand der Noten und deren farblicher Unterlegung nachvollziehen.
Doris Eisenburger ist es auch in diesem Buch mit ihren Illustrationen wieder gelungen, die Geschichten zum Leben zu Erwecken. Beim Betrachten der märchenhaften, stimmigen, phantasievollen, lebendigen und kreativen Bilder gibt es sehr viele Details zu entdecken, die die erzählte Geschichte wunderbar begleiten und bereichern. So trägt die Giraffe beispielsweise ein Sportdress oder das Nilpferd ein Tutu, gibt es einen Fisch mit einem Flötenmaul oder wird das zuckerwattenweiche Himmelbett auf dem Flügel aufgeschlagen. Die Farbwahl ist immer passend zum Inhalt und zwar in dezenten, aber trotzdem lebendigen Tönen gehalten, die die Stimmung wunderbar transportieren. Der Flügel ist auf jeder Seite zu finden und verbindet die Bilder miteinander, wie auf der CD die Geschichten durch die Musik miteinander verwoben werden. In den meisten Fällen sitzt Robert Schumann als Spieler an ihm (wenn es nicht gerade ein Affe oder Drache ist). Damit schlägt sie wunderbar den Bogen vom Phantastischen zum pädagogischen Anliegen, nämlich Kindern Robert Schumann als Komponist vorzustellen. Leider bleibt es jedoch bei der bildlichen Darstellung, ein paar einführende Worte zum "Dichter der Musik", wie Simsa Schumann bezeichnet, wären als Zusatzinformationen im Buch schön gewesen und würden den Komponisten mehr in das Buch integrieren.
CD und Buch stehen fast gleichwertig nebeneinander. Der auf der CD gesprochene Text ist komplett im Buch abgedruckt, jedoch fehlt beim reinen Vorlesen der Geschichten definitiv die musikalische Untermalung und schmälert das Hörvergnügen. Andererseits sind die Illustrationen von Doris Eisenburger eine gute und phantasievolle Anregung beim Hören der CD. So ergänzen sich beide Medien zu einem Hör- und Seherlebnis, welches mehrere Sinne gleichzeitig anspricht und für gute und anspruchsvolle, aber dennoch kindgerechte Unterhaltung sorgt.
Fazit:
Kinder können früh und mit Spaß an klassische Musik herangeführt werden. Das Hörbuch "Kinderszenen" von Marko Simsa bietet dafür ein hervorragendes Hilfsmittel, denn damit werden verschiedene Sinne gleichzeitig angesprochen, klassische Musik mit Abenteuergeschichten verknüpft und das Spielerische mit dem Pädagogischen verbunden.
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