Sicherlich wurde von vielen die Neuauflage des Klassikers „Pluck mit dem Kranwagen" lange ersehnt.
Das vor 38 Jahren erstmals erschienene Buch über den quirligen Pluck ist auch heute noch lesenswert. Mit viel Situationskomik erzählt Annie M.G. Schmidt eine zeitlose Geschichte über Freundschaft und andere Abenteuer...
Der kleine Pluck zieht in das leerstehende Turmzimmer eines 20-stöckigen Hochhauses. Er lernt die Bewohner kennen und hilft mit seinem roten Kranwagen wo er nur kann. Die Taube Dolly, die Kakerlake Zaza, Die Familie Stampfer und Agathe, ein Nachbarmädchen, sowie Herr Feder werden schnell dicke Freunde. Aber wie so vieles im Leben ist nicht alles voller Sonnenschein.
Frau Sauberer - der Name ist Programm - vernichtet mit ihrer giftigen Sprühdose alles, was ihr nicht sauber genug ist; auch alle Kleinstlebewesen. Keine leichte Zeit für die Kakerlake Zaza. Irgendwie schafft es Frau Sauberer sogar, sich für kurze Zeit Plucks Turmzimmer unter den Nagel zu reissen.
Die Familie Stampfer: ein alleinerziehender Vater von sechs kleinen Stampferchen haben allesamt eine aussergewöhnlich buschige Haarpracht. Ihre Wohnung ist chaotisch und rundherum mit Matratzen ausgelegt.
Agathe - Frau Sauberers Tochter- darf nie aus der Wohnung, denn das brächte ja Dreck hinein! Mit einer List lockt Pluck sie heraus. Bei einer Rettungsaktion wird Agathe natürlich dreckig, aber mit den Maschinen (ein Dampfkasten und eine Drehsprühscheibe) von Herrn Feder ist das kein Problem. Bei dieser Aktion hat sich Agathe allerdings mit den Masern angesteckt. Agathe soll laut Arzt nach Abklingen der Krankheit an die See fahren. Das macht sie schließlich auch; und zwar zusammen mit der Chaosfamilie Stampfer und Pluck.
An der See findet Pluck nicht nur eine Lispeltute - eine Muschel, die ihm stets den richtigen Weg weisen kann - sondern auch Eier. Darunter ist sogar ein ganz spezielles, das angeblich von einem Seekuckuck sein soll; der wird jedoch später zu einem Kräuselkranich. Ein seltenes Exemplar, das ausgestopft im Museum stehen soll. Das wissen jedoch Pluck und seine Freunde auf abenteuerliche Weise zu verhindern.
Pluck wird aus den Ferien zurückgerufen, ein wunderschöner kleiner Stadtwald soll abgeholzt und planiert werden. Pluck möchte sofort etwas dagegen unternehmen, aber die Zeit ist knapp. Mehrere Versuche, dem drohenden Raubbau Einhalt zu gebieten, scheitern. Da kann nur noch ein Freund von Herrn Feder helfen, doch der wohnt weit weg. Man muss mit einer Fähre über einen Fluss setzen. Schon die Überfahrt mit Fähre ist ein Abenteuer für sich, doch die Mühen werden belohnt. Der nuschelnde Kauz übergibt Pluck eine verdorrte Pflanze, die sich aber, einmal eingepflanzt, zu einem grossen beerentragenden Busch entwickelt. Seine Besonderheit: Jeder, der davon nascht muss augenblicklich spielen. Beinahe die gesamte Stadt nascht und spielt den ganzen Tag. Dabei vergissst jeder seine Aufgabe. So kommt es, dass es schon bald kein Brot mehr zu kaufen gibt, Häuser wegen geplatzter Leitungen voller Wasser laufen und dass die Feuerwehr lieber um ein Feuer tanzt, statt es zu löschen.
Nur Pluck behält die Übersicht. Kurzerhand vernichtet er den Strauch- und bald läuft alles wieder in seinen geregelten Bahnen. Und das Problem mit Frau Sauberer? das regelt sich von selbst. Sie hat so viele Marmeladengläser mit den „Spielbeeren" gefüllt, dass sie bis auf weiteres gut versorgt ist.
Eine intelligent erzählte Geschichte aus den siebziger Jahren, übersetzt von Rosel Oehlke und illustriert von Fiep Westendorp. Ein Klassiker, der wohl komplett vergriffen war und dessen Wiederauflage heiß ersehnt wurde.
Der kleine Pluck lebt kindliche Fantasien aus. Ein Protagonist, der Kinderherzen im Sturm erobert. Die in sich abgeschlossenen Kapitel machen immer wieder aufs Neue Lust zum Weiterlesen. Viele kleine Episoden verbinden sich zu einer Geschichte. Durch die 40 knappen Einzeltexte eignet sich das Buch auch gut als Abendlektüre - besonders für die erst vierjährigen Zuhörer.
Die leichtgängige, lebhafte, zum Teil auch temporeiche Sprache von Annie M.G. Schmidt erreicht mit ihrer humorvollen Betrachtungsweise die Lachmuskeln aller. Die Situationskomik, derer sich die Autorin immer wieder auf sehr unverkrampfte Weise bedient, wird auch schon von den Kleinsten gut verstanden. Da ist zum Beispiel die „Lispeltute", die den S-Laut wie ein „F" ausspricht - dies schildert die Autorin jedoch ohne sich über diesen Sprachfehler lustig zu machen - und da hört sich eine Wegbeschreibung zum Beispiel so an: „Fahr nach Linkf. Zwiffen den fwei Häufern durch!"
Annie M.G. Schmidt zeigt mit ihrem Pluck einen nahezu unerschöpflichen Reichtum an Fantasie und Vorstellungskraft. An keiner Stelle langatmig, überzeugt das Buch durch seinen lockeren Sprachwitz der, gewürzt mit flotten und abwechslunsgreichen Dialogen, diese Geschichte auch für den Vorleser zu einem Vergnügen macht.
Die Illustrationen von Fiep Westendorp unterstreichen die Höhepunkte der Geschichte ideal. Auch sie sind mit sehr viel Humor gezeichnet. Allein die Frisuren der Stampferchen sind zum Schreien - erst recht, wenn sie völlig aufgeräumt und gestriegelt beim Besuch bei Frau Sauberer mit einer Tasse Tee, wie die Hühner aufgereiht, nebeneinander sitzen - Vater Stampfer eingeschlossen.
Bei all diesem Witz, Humor und der vielen Situationskomik gibt es durchaus auch einen ernstgemeinten Hintergrund. Umweltschutz wird hier bereits als wichtiges Thema behandelt, ebenso wie die Hilfsbereitschaft und der Wert echter Freundschaft, den Pluck zu schätzen und zu pflegen weiß. So übernimmt er fast beiläufig den wichtigen Part des Vorbildes. Nachahmungswürdig und gut verständlich auch für die kleinen Leser.
Fazit:
Ein Klassiker, der noch heute begeistert. Spannung, Situationskomik und temporeicher Sprachwitz verbinden sich spielerisch mit Themen wie Freundschaft, Umweltschutz und Courage. Absolut lesenswert.
Annie M. G. Schmidt, Ellermann
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