Wieland Freund
01 | 2019 Der furchterregende Raubritter Rodrigo Raubein und sein Knappe Knirps sind Figuren, die Michael Ende geschaffen hat, bevor er gestorben ist. Das Abenteuermärchen rund um die beiden hat er noch begonnen zu schreiben. Jetzt ist die Geschichte vom Kinderbuchautor Wieland Freund zu Ende geschrieben worden. Sigrid Tinz hat ihm dazu ein paar Fragen gestellt.
Ich bin kein Freund expliziter Botschaften. So funktioniert Literatur nicht; so funktioniert nicht mal die Welt.
Kinderbuch-Couch.de: Michael Ende kannten Sie vermutlich nicht persönlich, nehme ich an. Aber vom Alter her sicher als Leser seiner Bücher. Welches waren denn ihre Lieblingshelden?
Wieland Freund: Oh, je nachdem. Während ich am „Rodrigo“ schrieb, war es einmal mehr Bastian Balthasar Bux aus der „Unendlichen Geschichte“. Immerhin wird er in die Geschichte gerufen, die er liest, und so ist es mir diesmal ja auch ergangen. Aber ich bin auch ein großer Fan von Jim Knopf und seinen Freunden, dem Halbdrachen Nepomuk etwa oder dem Scheinriesen.
Kinderbuch-Couch.de:Die Geschichte von Rodrigo und Knirps hat Michael Ende vor seinem Tod begonnen. Was war Ihr Gedanke, als Sie gefragt wurden, ob Sie die Geschichte weiterschreiben wollen? Ich nehme mal an, Sie wurden gefragt. Ansonsten bin ich neugierig wie es überhaupt ablief ….
Wieland Freund: Ja, der Thienemann Verlag ist auf mich zugekommen. Roman Hocke, Michael Endes Freund, Lektor und Biograf, hatte das Fragment des „Rodrigo Raubein“ ja bereits 1998 im „Niemandsgarten“ publiziert. Ich habe es dann wieder und wieder gelesen, zunächst mit mächtig viel Bammel, dann mit immer mehr Spaß. Es ist einfach ein toller, sehr reicher Text, der mir ein Geschenk nach dem anderen machte.
Kinderbuch-Couch.de: Sie sind ebenfalls erfolgreicher Kinderbuchautor, schreiben eigene Bücher, haben Ihren eigenen Stil. Wie geht das, einen Roman weiterzuschreiben, und dann noch den einer Ikone wie Michael Ende? Waren Sie mal in Versuchung, was zu ändern, oder eigene Lieblingsfiguren einzuschmuggeln?
Wieland Freund: Zu ändern gab es an der Geschichte nichts; es ist mir nicht mal in den Sinn gekommen. Aber Figuren erfinden, musste ich schon. Eine sagt übrigens Sätze von Michael Ende, aber welche Figur das ist, verrate ich nicht. Und was den Stil angeht: Jede Geschichte hat ihren eigenen – vergleichen Sie mal „Jim Knopf“ und „Momo“. Ich musste also nicht wie Michael Ende klingen, sondern wie der Erzähler des „Rodrigo Raubein“.
Kinderbuch-Couch.de: Was und wer an diesem Roman ist von ihnen? Oder stand die Rohfassung von Anfang und Ende und Sie haben das Gerüst mit Leben gefüllt?
Wieland Freund: Die ersten drei Kapitel waren fertig; Michael Ende hatte sie fein säuberlich abgetippt. Knirps und Rodrigo Raubein, der Papagei Sokrates und Mama und Papa Dick, Knirps Eltern mit dem Puppenspielerwagen, waren bereits voll ausgeformt, auch in ihrem Verhältnis zueinander. Hinzuerfinden musste ich die Welt, in die Knirps aufbricht, um seine Knappenprüfung zu bestehen. Aber auch bei dieser Welt konnte ich mich aus dem Fragment bedienen. Der Puppenwagen der Dicks hängt ja nicht umsonst voller Marionetten …
Kinderbuch-Couch.de: Neben der tollen Ritter-Räuber-Mittelalter-Abenteuer-Geschichte samt Prinzessin: was können und sollen die kleinen Leser daraus mitnehmen?
Wieland Freund: Ich bin kein Freund expliziter Botschaften. So funktioniert Literatur nicht; so funktioniert nicht mal die Welt. Aber im „Rodrigo“ steckt etwas, was auch in der „Unendlichen Geschichte“ steckt, nämlich die Aufforderung: Tu, was du willst! Das allerdings ist schwieriger, als man gemeinhin denkt. Knirps und Rodrigo, Flip und der melancholische König: Sie alle müssen erst herausfinden, was sie vom Leben eigentlich wollen.
Kinderbuch-Couch.de: Angenommen, Sie würden Michael Ende treffen, dereinst in Fantasién vielleicht, was meinen Sie würde er zu seinem – Ihrem – Rodrigo sagen? Und was würden Sie sich wünschen, dass er sagt?
WIeland Freund: „Gut gespielt“, das wäre toll.
Das Interview führte Sigrid Tinz im Januar 2019.
Foto: © Privat
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